KOLUMNE

Einsamkeit

von Redaktion

In Großbritannien bekam das Ministerium für Sport und Zivilgesellschaft vor sieben Jahren Zuwachs – Einsamkeit wurde ihm als weitere Aufgabe gestellt. Vor einem Jahr wurde in Japan ein Gesetz verabschiedet, das Einsamkeit und Hikikomori, den totalen Rückzug aus dem Sozialleben, als nationale Probleme anerkennt. Jetzt hat Bayern ein Netzwerk, das Einsamkeit im Alter als Herausforderung annimmt und Lösungen dafür entwickelt.

Vier Prozent der Deutschen fühlen sich laut Umfrage einer Krankenkasse sehr einsam. Besonders jüngere Menschen, nämlich 36 Prozent der 18- bis 39-Jährigen sind von Einsamkeit stark oder eher stark belastet. Bei den über 60-Jährigen sind es deutlich weniger – aber immerhin auch 21 Prozent. Die Bayern zeichnen sich durch die größte Geselligkeit in Deutschland aus – dadurch sind sie von Einsamkeit insgesamt weniger geplagt.

Aber wem hilft Statistik, wenn er oder sie sich isoliert fühlt und mit seelischen und körperlichen Problemen zu tun hat? Erschöpft, schlaflos, gebeutelt von Ängsten. Atem- und Magenbeschwerden, Herz-Kreislauferkrankungen, Schmerzen im Rücken… Kommt alles häufiger vor bei denen, die einsam sind. Der biblische Satz „es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ ist wahr. Aber er muss sorgfältig bedacht werden, damit er nicht missverstanden wird.

Zunächst ist es gut, wenn ein Mensch allein sein kann. Nur wer es mit sich selbst aushält, wer Gespür und Bewusstsein für das eigene Ich entwickelt, der ist fähig für ein Leben mit anderen. Alleinsein lässt sich genießen: Lesen, Musik hören, in der Küche experimentieren – wunderbar, wenn einem keiner in die Quere kommt. Alleinsein ist die Chance, sich zu besinnen und auf künstlerische, philosophische und wissenschaftliche Höhenflüge zu begeben.

Sich dagegen einsam zu erleben ist das Gegenteil der Gewissheit: Ich bin einem anderen so wichtig, dass er mir seine Zuneigung schenkt. Einsamkeit ist der Schmerz der Seele, die sich von Gott und der Welt verlassen und ungeliebt fühlt. Nein, es ist nicht gut, wenn ein Mensch auf diese Weise allein – einsam – ist. Wo auch immer: Mitten im Trubel, innerhalb der eigenen vier Wände, eingesperrt, gefangen von materialen oder emotionalen Mauern.

In einem Cafe in Tokio bedienen Roboter die Gäste. Sie werden von zu Hause aus gesteuert – von Frauen und Männern, die ihr Heim vor allem aufgrund von Behinderungen nicht mehr verlassen können. Aus der Distanz ist ihnen soziale Interaktion mit anderen Menschen möglich. Zudem werden Roboter entwickelt, die Gefühle ausdrücken und in der Kommunikation mit einsamen Personen eingesetzt werden sollen. Hilfreiche Ideen.

Aber nichts davon ersetzt das lebendige Du – das gemeinsame Lachen oder Weinen und Schweigen. Also: Ausschau halten. Weniger nach perfekter Technik als nach echten Menschen.

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