Kantinen sind zu wenig bio

von Redaktion

Bayern scheut vor Quote zurück – Heute gibt‘s neue Zahlen

Mahlzeit! In der Kantine des Agrarministeriums gibt es seit 2013 Bio-Menüs. Hier im Bild Ministerin Michaela Kaniber.

Wirbt für feste Bio-Quote: Thomas Lang, Geschäftsführer von Bioland, sagt: Bayern hat Nachholbedarf. © Lara Mueller, Martin Hangen

München – Für das Roastbeef mit Gemüse, das Küchenleiter Benedikt Baldauf am heutigen Montagmittag in der Kantine der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried serviert, wird die Landwirtschaftsministerin zu spät kommen. Um halb zwei will sich Michaela Kaniber die Küche anschauen. Zu dem Zeitpunkt haben die 180 bis 200 Gäste schon gegessen. Es geht aber eh nicht darum, satt zu werden. Die CSU-Politikerin will aktuelle Zahlen präsentieren, wie hoch die Bio- und Regional-Quote in staatlichen Kantinen ist. Die Feuerwehrschule im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen ist dafür ein „Spitzenbeispiel“, heißt es aus ihrem Ministerium.

In Zahlen bedeutet das, dass mehr als 50 Prozent der Produkte, die Küchenleiter Baldauf mit seinem Team verarbeitet, bio oder regional sind. „Das ist unser Anspruch“, sagt Baldauf. Die aktuellste Statistik vom März weist sogar 54 Prozent aus. Anfang 2023 erfolgte die Umstellung, am Anfang war es nicht ganz einfach, Lieferanten zu finden – jetzt läuft es laut Baldauf gut.

So sollte es in allen staatlichen Kantinen sein, finden die Initiatoren des Bienen-Volksbegehrens aus dem Jahr 2019. Denn Ökolandbau bedeutet Artenschutz. Eines der konkreten Ergebnisse war damals ein bayerischer Ministerratsbeschluss, dass bis spätestens 2025 in allen staatlichen Kantinen mindestens die Hälfte der Produkte aus regionaler oder biologischer Erzeugung kommt. Vor einem Jahr war das laut Kaniber in 63 von 98 staatlichen Kantinen der Fall – da wäre Luft nach oben. Allerdings ist es eine freiwillige Entscheidung der Kantinenbetreiber, was in den Kochtopf kommt. Die Initiatoren des Bienen-Volksbegehrens schlagen daher eine feste Bio-Quote in staatlichen Kantinen vor, um den Ökolandbau zu steigern. Rund 1,8 Millionen Bayern essen täglich außer Haus – ein gewaltiger Absatzmarkt.

Thomas Lang, Geschäftsführer beim Erzeugerverband Bioland, hätte da einen konkreten Vorschlag: „Wir fordern 50 Prozent Bio- und Regional-Quote.“ Gerne auch in Etappen, um alle Betriebe mitzunehmen. Und zwar nicht nur in direkt staatlichen Kantinen zum Beispiel in Ministerien, sondern auch an Schulen, Kindergärten oder anderen kommunalen Einrichtungen. Das würde dem Ökolandbau einen Schub verpassen. Denn der wäre wichtig in Zeiten des Klimawandels: „Öko-Landbau ist Hochwasserschutz, Grundwasserschutz, Erosionsschutz – und er ist besser für Artenvielfalt“, sagt Lang, in dessen Verband 10 000 Erzeuger organisiert sind.

Der Bio-Branche geht es nach Rückgängen aufgrund des Ukraine-Kriegs wieder besser: „Momentan läuft der Markt mit Bio-Produkten wirklich gut“, sagt Lang, seit 2024 gebe es eine Gesamtsteigerung von fast sechs Prozent. Das sah vor ein, zwei Jahren, als die Inflation die Lebensmittel teurer machte, noch ganz anders aus. Jetzt merke man wieder, dass die Bürger „gute, nachhaltige Produkte“ haben wollen. „Zum Teil können wir den Markt nicht bedienen, wir müssen unbedingt mehr Betriebe umstellen“, sagt Lang. Er schlägt höhere finanzielle Anreize für Umsteller sowie mehr Vergütungen für die Umweltleistungen der Bio-Landwirte vor. „Ernährungsproduktion ist systemrelevant“, sagt Lang. „Da muss man investieren.“ Denn Bio-Produkte, ganz besonders die regionalen, seien deutlich unabhängiger vom Weltmarkt, von Krisen – der Verbraucher profitiert durch stabile Preise. Der Kantinen-Booster, wenn man so will, würde die Branche stärken. Auch hierfür bräuchte es Anreize, schlagen die Landtags-Grünen vor: So sollen die Zertifizierungskosten für die ersten Jahre erstattet werden.

Welche Zahlen Landwirtschaftsministerin Kaniber heute vorstellen wird, darauf ist Thomas Lang von Bioland schon gespannt. Die Kantinen in den Ministerien sind jedenfalls nicht die besten Vorbilder: Wie eine Anfrage der Grünen im Landtag 2024 zeigte, war der Bio-Anteil in vier von sieben Häusern gleich null. Immerhin: In Kanibers Haus gibt es schon seit 2013 Bio-Menüs, die Bio-Quote beträgt über 50 Prozent, was auch die Initiatoren des Volksbegehrens in ihrem jüngsten Bericht lobend erwähnten. CARINA ZIMNIOK

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