Schwellen sollen Radler zum Bremsen zwingen. © Peljak/pa (2)
Müsli und Äpfel für die Rennradler, dazu der Hinweis: Runter vom Gas! Solche Aktionen brachten in Oberhaching nicht viel.
Oberhaching – Kerzengerade führt der Radweg durch den Perlacher Forst, an dem beliebten Ausflugsziel Kugler Alm in Oberhaching vorbei. Die Strecke ist bei Pendlern beliebt, die vom Landkreis in die Stadt lieber mit dem Rad als mit dem Auto fahren. Aber auch viele sportliche Radler nutzen den Weg. Das führt zu großen Problemen und gefährlichen Situationen. Bürgermeister Stefan Schelle will jetzt durchgreifen und den ersten Rennrad-Blitzer Deutschlands installieren.
Herr Schelle, Oberhaching ist eine fahrradfreundliche Gemeinde. Trotzdem gibt es Ärger. Warum?
Aus dem Perlacher Forst – das ist eine kilometerlange Radlverbindung nach München – kommen an den Wochenenden tausende von Rennradfahrern. Viele sind richtig aggressiv und teilweise komplett rücksichtslos unterwegs.
Haben Sie ein Beispiel?
Erst vor ein paar Tagen hatte ich einen Termin in der Kugler Alm. Hinter mir war noch weit entfernt ein Rennradfahrer. Also blinkte ich rechts, bog langsam rechts in die Parklücke ab. Plötzlich schießt der Mann rechts an mir vorbei. Da ist Tempo 10! Die Schimpfwörter sind nicht zitierfähig – den Stinkefinger gab es gratis.
Was haben Sie gemacht?
Ich habe ihm ganz ruhig erklärt, dass rechts überholen nicht regelkonform ist, er sich und mich in Gefahr bringt. Danach folgte die nächste Schimpf-Tirade. Als er fertig war, fragte ich ihn, ob wir vielleicht die Polizei holen sollten, wenn er doch Recht habe. Wutentbrannt und fluchend ist er davongeradelt. Das ist kein Einzelfall. An guten Tagen fahren an der Kugler Alm fast 5000 Radlfahrer entlang. Wenn sich nur zehn Prozent nicht an die Regeln halten, dann sind das 500 Rennradfahrer, die sich nicht zu benehmen wissen.
Spüren Ihre Bürger das?
Einem Rentner haben Rennradfahrer während der Fahrt den Spiegel abgetreten, weil er sich an Tempo 30 gehalten hat und die sich behindert gefühlt haben. Leute fahren entgegengesetzt in den Kreisverkehr rein. In einem Fall flog ein Rennradfahrer über die Kühlerhaube, weil er rechts vor links nicht beachtet hat. Vorige Woche haben zwei Rennradfahrer einer Radfahrerin die Vorfahrt genommen. Alle drei liegen nun im Krankenhaus. Was soll da noch alles passieren? Ich kenne einen 90-Jährigen, der sitzt am Wochenende daheim, traut sich nicht mehr zum Stammtisch.
Ist das nicht ein bisschen übertrieben?
Das ist Realität. Bürger wurden angespuckt, angeschrien, körperlich angegangen. Eine Familie war vor ein paar Wochen an einem Sonntag mit den Kindern im Perlacher Forst unterwegs. Plötzlich rauscht eine schnelle Rennradgruppe vorbei. 30, 40 echt gute Rennradfahrer, mit 50 Sachen – die Kinder fuhren vor Angst in den Graben. Einmal habe ich einen Rennradfahrer auf der Straße aufgelesen. Aufgeschürft und blaue Flecken – er sah wirklich fürchterlich aus. Wir haben ihn ins Krankenhaus gefahren. Wissen Sie, was sein einziges Problem war?
Was?
Dass er an dem Tag nicht einen neuen Rekord auf der Strecke aufstellen konnte. Ich verstehe, dass das alles Supersportler sind. Aber nehmt doch bitte Rücksicht! Schwere Unfälle hat es schon gegeben, wir müssen ja nicht warten, bis es irgendwann Tote gibt. Zusammengefahrene Hunde haben wir schon viel zu viele zu beklagen.
Manchen Bürgern reicht‘s: Neulich wurden Nägel und Reißzwecken verteilt.
Dass das überhaupt nicht geht, darüber müssen wir nicht diskutieren. Deshalb ermittelt jetzt die Polizei.
Was können Sie machen?
Wir haben Schilder aufgehängt, Müsliriegel verteilt, die Polizei hingeschickt. Sogar die wurde wüst beschimpft. Die allerletzte Möglichkeit wäre, die Geschwindigkeit der Rennradfahrer zu messen. Wir prüfen gerade technische Möglichkeiten mit einer Lichtschrankenmessung. 100 Meter hinter der Schranke steht die Polizei. Was viele nicht wissen: Wenn ich mit 50 durch eine 10er-Zone brettere, ist mein Führerschein einen Monat weg.
Wäre das der erste Rennradl-Blitzer Deutschlands?
Ja. Aber wir haben ein Problem. Die Zulassung für dieses Messgerät gilt nur für Kraftfahrzeuge, nicht jedoch für Fahrräder. Aus diesem Grund prüfen der Zweckverband zusammen mit Gemeindetag und Deutschem Städte- und Gemeindebund unter Hochdruck, dass wir so schnell wie möglich eine Zulassung bekommen.
Das wird den Rennradlern nicht gefallen.
Ich will die nicht piesacken. Aber wenn es blöd läuft, dann geht es um Leben und Tod. Deswegen müssen wir mit aller Macht den Radl-Rambos das Handwerk legen.