„Müll mitnehmen“ steht vergebens auf dem Schild.
Unrat und Müll liegen auf der Knorrhütte verstreut. Ehrenamtliche müssen alles entsorgen. © dpa (2)
Die aufgebrochene Tür der Hocheck-Hütte. © Bergwacht
Diese Tür an der Hocheck-Schutzhütte am Watzmann wird ab 1. August geschlossen sein. © Nationalpark Berchtesgaden
Berchtesgaden – Dieses laminierte Stück Papier lässt Bergfreunde den Kopf schütteln. Auf dem Wanderweg Richtung Watzmannhaus im Berchtesgadener Land ist es jetzt mit Nägeln an eine Infotafel geschlagen worden. „Aufgrund von ständigem Vandalismus und Vermüllung ist die Schutzhütte auf dem Hocheck ab 1. August dauerhaft geschlossen“, kündigt es an. Jene Schutzhütte gehört der Bergwacht Ramsau und ist der einzige Unterschlupf bei Blitz und Wolkenbruch auf der anspruchsvollen Überschreitung zwischen Watzmannhaus und Wimbachgrieshütte.
Die Ramsauer Bergretter sind es leid, dass dieses Notlager als illegaler Partyraum missbraucht wird. Sie sind es müde, aufgebrochene Türen und Fenster zu reparieren und fremden Müll – etwa Schnapsflaschen aus Glas und sogar Fäkalien – hunderte Höhenmeter hinab ins Tal zu tragen. Seit Jahren geht das so. Jetzt ziehen sie die Notbremse. Während die Schließung der Schutzhütte im Internet schon heiß diskutiert wird, machten sie ihren Schritt gestern publik.
Offiziell ist in der gemeinsamen Mitteilung mit dem Nationalpark Berchtesgaden von einer „Umgestaltung“ die Rede. Bei den erforderlichen Umbauten unterstütze die Nationalparkverwaltung die Bergretter personell und finanziell. „Ohnehin verbotene Übernachtungen werden künftig nicht mehr möglich sein“, steht in der Mitteilung. „Für alpine Notfälle bleibt ein kleinerer Raum.“ Man schafft also party-untaugliche Verhältnisse.
Eine Wandererin auf Facebook findet die Entscheidung „absolut nachvollziehbar“. „Wir haben von Freitag auf Samstag über Nacht überschritten und waren daher um 8.30 Uhr am Hocheck. Dort waren sechs ‚Übernachtungsgäste‘ gerade dabei, ganz gemütlich zusammenzupacken“, schreibt sie in einem Wanderforum. Belegte Brote mit Tomate und Mozzarella und Plastikverpackungen seien liegen geblieben. Sie wollte den Unrat mitnehmen, hatte aber keine Tüte. Die unschöne Szene ist kein Einzelfall. Ein bisher ungekanntes Maß an Dreistigkeit legte hier aber Mitte Juni jemand an den Tag. Da wurde nicht nur randaliert – sondern auch ungeniert ein Lagerfeuer auf der Holzstufe am Eingang entzündet. Das hat die Bausubstanz beschädigt, genau wie die offen gelassene Tür im Frühjahr vergangenen Jahres. „Über längeren Zeitraum drangen große Schneemengen ein, die von Ehrenamtlichen aufwendig entfernt werden mussten“, teilt die Bergwacht mit. Seitdem bilde sich Schimmel in der Hütte. Das stinkt den Bergrettern, immerhin lagern sie hier auch wichtige Ausrüstung für Sicherungsarbeiten an dem vielbegangenen Steig sowie für Einsätze, bei denen sie im Ernstfall Leben retten müssen.
Nicht nur im Berchtesgadener Land werden Schutzräume als Party-Locations missbraucht. Vom Vandalismus gebeutelt ist auch die Alpenvereinssektion München-Oberland. Nachdem der Notraum der Knorrhütte im Wetterstein Ende Mai völlig verwüstet worden ist, hatte man Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Jene Besucher hatten den Ofen aus der Hütte gerissen sowie massenweise Müll, kaputte Schlafsäcke, Zelte und ihre Notdurften hinterlassen. Aber vom Watzmann bis zur Zugspitze gilt doch: Müll wird nicht am Berg gelassen. Nur diese Täter handeln mutwillig – und lassen die Geschädigten auf der Rechnung sitzen. Die Tür der Biwakschachtel am Jubiläumsgrat musste im Winter für 12 000 Euro per Helikoptertransport ausgetauscht werden.
Am Watzmann wird jetzt auch in Hightech investiert: Sollten künftig mehrere Bergsteiger zeitgleich am Hocheck in eine Notsituation geraten, erhalten sie über Notruf die Möglichkeit, die Tür zum größeren zu Schutzraum öffnen. Eine Party ist übrigens kein Notfall. CORNELIA SCHRAMM