Schon im April haben Taxifahrer am Viktualienmarkt für einen Mindestfahrpreis bei Uber demonstriert. © Privat
München – Im Fahrgewerbe kracht es: Der Münchner Stadtrat will morgen einen Mindestfahrpreis beschließen, der Taxis vor Uber & Co. schützt. Der Vorschlag für den Grundpreis liegt bei 5,42 Euro und einem Kilometerpreis von 2,56 Euro – fast so hoch wie für Taxis. Wir haben Vertreter beider Seiten zum Streitgespräch gebeten: Thomas Kroker, Vorstand von Taxi München, und Christoph Weigler, General-Manager von Uber Deutschland.
Herr Weigler, warum ist Uber gegen einen Mindestfahrpreis?
Weigler:München ist sehr teuer. Da der ÖPNV am Stadtrand dünn ist, müssen aber viele öfter mal bezahlbar von A nach B. Geschäftskunden oder Touristen würden teurere Preise vermutlich zahlen. Münchner können sich den Fahrdienst dann eher nicht mehr leisten. Eine Preiserhöhung lässt die Leute nur wieder mit dem eigenen Pkw fahren, oder sie bleiben zu Hause.
Würde Uber mit Taxi-Tarifen noch funktionieren?
Weigler:Wenn der Mindestpreis kommt, steigen unsere Preise um circa 45 Prozent. Uber würde weiter funktionieren, aber die allgemeine Nachfrage würde extrem sinken. Unsere Kunden sind zum Beispiel ältere Menschen oder Frauen, die nachts heimwollen. Tausende schreiben uns, sie würden keinen Fahrdienst mehr nutzen.
Herr Kroker, warum wollen Sie einen Mindestpreis für Taxi und Mietwagen?
Kroker: Für Taxis gelten strenge gesetzliche Regeln. Für Mietwagen, wie Uber sie anbietet, sind die Regeln dagegen viel weniger streng. Taxis sind an einen Tarif gebunden, Mietwagen in der Preisgestaltung völlig frei. Aber das, was bei Uber auf der Straße stattfindet, ist kein Mietwagenverkehr, sondern Taxi-gleicher Verkehr unter der Flagge desMietwagens! Das ist kein ehrlicher Wettbewerb. Dabei sind die Personal- und Betriebskosten bei beiden gleich. Diese Preispolitik führt zur Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben.
Wie genau?
Kroker: In München gibt es etwa 2000 Mietwagen, wovon 60 Prozent nicht den Betriebssitz in München haben. Deren Gewerbesteuern fließen also nicht an die Stadt. In München sind das zweistellige Millionenbeträge, laut Zoll. Was der Zoll auch berichtet, sind Ausfälle von Sozialabgaben aufgrund von Mindestlohnverstößen. Da wurden Zahlen von 30 bis 40 Millionen Euro genannt!
Herr Weigler, gibt es so etwas im Uber-Umfeld?
Weigler:Vereinzelt. Aber die Behörden kontrollieren engmaschig, und natürlich kooperieren wir mit ihnen. Wir würden sogar noch mehr Daten teilen mit den Behörden, wenn wir dadurch eine bessere Transparenz bekommen. Man darf aber nicht vergessen: Alle Umsätze bei uns sind vollkommen digital und nachvollziehbar, was unser Modell in Sachen Steuerehrlichkeit viel sicherer macht als Bargeldfahrten beim Taxi. Und: Taxis zahlen 7 Prozent Mehrwertsteuer, Mietwagenfirmen 19 Prozent.
Kroker: Dennoch basiert das System Uber auf dem Rücken der Fahrer, die unter Sozialdumping leiden. Es gibt keinen Wettbewerb, solange Handschellen dem Taxigewerbe verbieten, unter Tarif zu fahren, während der Mitbewerber bis 40 Prozent billiger fährt – bei gleichen Kosten.
Welchen Status haben Taxifahrer?
Kroker: Die sind bei unseren Mitgliedsbetrieben angestellt. Die Einhaltung der Sozialversicherungen und steuerrechtlichen Vorschriften ist bei uns exzellent. Wer aus der Reihe tanzt, wird von der Behörde aus dem Verkehr gezogen.
Baden die Uber-Fahrer die günstigen Preise aus?
Weigler: Die Situation ist auch bei uns so. Die Fahrer sind sozialversicherungspflichtig angestellt bei unseren Partner-Unternehmern. Sie erhalten mindestens den Mindestlohn, kriegen Urlaubsgeld, Krankengeld und mehr. Es stimmt daher nicht, dass man nur mit hohen Preisen sichern kann, dass die Fahrer ordentlich bezahlt werden. Das hieße ja auch, dass die Taxis in London und Paris nicht gut zahlen, denn die sind ebenfalls günstiger als das Münchner Taxi. Die Wahrheit ist, dass die Auslastung der Taxis in Deutschland niedrig ist, weil die Preise so teuer sind. Statt Mietwagen zu knebeln, glaube ich daher eher, dass wir mit gemeinsamen Vorschlägen an die Behörden Probleme lösen.
Und wie lauten die Vorschläge?
Weigler: Wir haben zum Beispiel einen Datenaustausch vorgeschlagen, um noch mehr Transparenz zu schaffen. Man muss das Taxigewerbe auch attraktiver machen. Wie Herr Kroker schon angedeutet hat, geht das durch einen breiteren Preiskorridor. Ein Taxi muss an einem Dienstag um 10 Uhr, wo nichts los ist, günstigere Preise anbieten können.
Kroker:Da bin ich zu 100 Prozent bei Ihnen. Der Tarifkorridor in München braucht noch mal klare Kante. Das Taxi hat nur zwischen minus fünf bis plus 20 Prozent Verhandlungsmöglichkeit.
Wie behaupten Sie sich in Zukunft?
Kroker:Wir betreiben Taxis an 270 Standplätzen und sind auch digital verfügbar. Auf ein Taxiwartet man weniger als drei Minuten. Wir haben den modernsten Fuhrpark mit Oberklasse-Fahrzeugen. Die Servicequalität ist top.
Weigler:Bei uns kennt der Kunde den Preis, bevor er losfährt. Es gibt Sicherheitseinstellungen, mit denen Kunden die Fahrt live teilen können. Und bargeldlose Zahlung.