Die Spione am Himmel

von Redaktion

Wieder Drohnen über Kaserne – Neues Gesetz geplant

Die Werdenfelser Kaserne in Murnau: Dort sind 650 Soldaten stationiert. © Archiv

Diese Drohne kann feindliche Flugobjekte mit einem Netz einfangen und auf den Boden holen. Entwickelt wurde sie an der Bundeswehr-Uni Hamburg, im Bild Projektleiter Professor Gerd Scholl. © Bundeswehr

Murnau/München – Wurde die Werdenfelser Kaserne in Murnau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) mit Drohnen ausspioniert? Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd bestätigt drei Sichtungen in den vergangenen Monaten. „Es ist aber nicht gelungen, die dazugehörigen Drohnenpiloten zu ermitteln“, heißt es. Details zu den Vorfällen über der Kaserne, wo das Informationstechnikbataillon 293 stationiert ist, gibt es nicht. Doch sie erinnern an ähnliche Vorkommnisse bei Ingolstadt.

Im vorigen Dezember und Januar waren mehrfach Drohnen über dem Bundeswehrgelände in Manching gesichtet worden – einmal zehn Stück an einem Abend. In Manching ist die Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät stationiert. Noch ist unklar, wer die Drohnen dorthin geschickt hat. Fest steht: Die Fälle nehmen zu.

Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München im Fall Manching dauern laut einem Sprecher an – „voraussichtlich noch einige Monate“. Es sind nicht die einzigen: Aktuell führe die Generalstaatsanwaltschaft Verfahren mit Drohnensichtungen über Objekten der Bundeswehr „im niedrigen zweistelligen Bereich“. Das Landeskriminalamt gab im Januar an, sämtliche Vorfälle, die mit Drohnen zu tun haben, auswerten zu wollen. Eine Statistik gibt es aber nicht, heißt es auf Anfrage. Das Bundesinnenministerium teilt mit, eine „zielgerichtete zentrale Informationssammlung zu illegalen Drohnenüberflügen“ zu erarbeiten.

Es ist ein Thema, das vielen Menschen Angst macht – auch wegen Berichten über russische Drohneneinsätze im Krieg gegen die Ukraine. Kann sich Deutschland gegen (Spionage-)Drohnen wehren? Die Technik dafür gibt es. Ralf Heynicke von der Bundeswehr-Universität Hamburg hat mit einem Team um Professor Gerd Scholl eine Drohne entwickelt, die fremde Flugobjekte abfangen kann. Sie funktioniert mit einem Netz, das eine Drohne einfangen und vom Himmel holen kann. Die Erfolgsquote sei hoch. Heyincke sagt aber auch: „Mit Drohnen anzugreifen ist leichter, als Drohnen abzuwehren.“ Ihm zufolge ist dieses System „in der Bundeswehr eingeführt“. In Manching wurde bei einem Präsentationstag der Bundeswehr schon 2019 eine Jagddrohne zum Aufspüren und Abwehren von Drohnen vorgestellt. Zum Einsatz kam sie bislang nicht. Denn die Gesetze sind kompliziert.

Für Gefahrenabwehr im Land sind Polizei und Sicherheitsbehörden zuständig. Laut Ralf Heynicke darf die Bundeswehr Drohnen, die illegalerweise direkt über ihren Liegenschaften unterwegs sind, durchaus runterholen oder sogar abschießen. Allerdings wurden Drohnen immer im Randbereich gesichtet – das birgt ein Risiko für die Mitarbeiter der Bundeswehr, die den Knopf drücken müssten, um Drohnen unschädlich zu machen. Eine Änderung des Luftschutzgesetzes würde „denen den Rücken stärken“, so Heynicke. Oder wie es die Luftrechtsspezialistin Nina Naske im Fachmagazin „Airliners“ schreibt: Es gebe keinen „Grund, warum die Bundeswehr dort nicht ein unbemanntes Luftfahrtsystem abschießen dürfen sollte“, wenn dieses sich dort unberechtigt bewege.

Tatsächlich soll das Gesetz geändert werden, um kritische Infrastruktur besser vor illegalen Drohnen zu schützen. Im Januar verabschiedete das Bundeskabinett auf Initiative der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Vorschläge. Die sollten in den Bundestag eingebracht werden. Dann kamen Neuwahlen, seither ist nichts mehr passiert.

Das Bundesinnenministerium, jetzt mit Alexander Dobrindt (CSU) an der Spitze, gibt an, sich des Problems durch Drohnen bewusst zu sein. Der Koalitionsvertrag sehe vor, Drohnendetektion und -abwehr zu stärken. Genauer wird der niederbayerische Bundestagsabgeordnete Thomas Erndl, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verteidigung in der CDU/CSU-Fraktion: Die Bundeswehr müsse „so schnell wie möglich“ die Befugnis erhalten, ihre Liegenschaften zu schützen. Erndl hält eine Pufferzone um Bundeswehreinrichtungen für sinnvoll, um einen Abschuss rechtssicher zu machen. „Wir werden das Thema aufgreifen, das ist topaktuell.“ Es seien mehrere Gesetze geplant. Das Gesetz zur militärischen Sicherheit, in dem der Umgang mit Drohnen geregelt werden könnte, befinde sich in der Ressortabstimmung. Widerstände seien ihm nicht bekannt – er hoffe auf eine zeitnahe Lösung.CARINA ZIMNIOK

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