140 Ermittler waren laut Staatsanwalt bei der Razzia im Einsatz.
Die Firma Spinner hat weltweit mehr als 600 Mitarbeiter.
Durchsuchung: Zollbeamte tragen am Mittwoch Kartons aus der Zentrale der Firma Spinner in Sauerlach. © Marcus Schlaf (3)
Sauerlach – Die Firma Spinner in Sauerlach im Kreis München stellt hochmoderne Werkzeugmaschinen wie Fräsen oder Drehen her. Spinner hat mehr als 600 Mitarbeiter, Standorte in Italien, der Schweiz, den USA, der Türkei oder Großbritannien. Gestern durchsuchten Ermittler der Zollfahndung und Staatsanwaltschaft München die Zentrale.
Laut Staatsanwaltschafts-Sprecherin Anne Leiding soll die Firma „über 20 hochpräzise Werkzeugmaschinen mit Verkaufspreis von rund 5,5 Millionen Euro unter bewusster Umgehung der gegen Russland verhängten Sanktionsvorschriften gezielt nach Russland geliefert“ haben. Laut Staatsanwaltschaft dürfen bestimmte Werkzeugmaschinen seit Anfang 2023 nicht nach Russland verkauft werden – damit lassen sich neben Werkzeugen oder Schrauben auch Kampfflugzeug-Teile oder Munition herstellen.
Bei der Razzia waren laut Staatsanwaltschaft mehr als 140 Ermittler und acht Staatsanwälte im Einsatz. Gleichzeitig seien Standorte in Stuttgart und Bulgarien durchsucht worden. Seit Februar wird in dem Fall ermittelt. Damals konnte „eine den geltenden Sanktionsvorschriften unterfallende Werkzeugmaschine des heute durchsuchten Unternehmens festgestellt werden, welche den Ausfuhrpapieren zufolge im August 2023 von Deutschland über Polen und Weißrussland nach Usbekistan ausgeführt worden sein soll“, so Leiding. „Insoweit besteht der Verdacht, dass die Maschine tatsächlich gezielt an ein in Russland ansässiges, mit dem Werkzeugmaschinenhersteller ehemals verbundenes Unternehmen geliefert wurde.“ Darüber hinaus hätten sich im Rahmen der Ermittlungen konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich weiterer möglicher Umgehungsausfuhren über Drittländer wie die Türkei und China ergeben.
Das Unternehmen ließ eine Anfrage gestern unbeantwortet. Schon 2023 gab es ähnliche Vorwürfe – auf seiner Webseite schrieb Spinner damals dazu: „Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufs Schärfste und unterstützen vollumfänglich die internationalen Sanktionen gegen Russland/Belarus.“ Die Firma halte sich „strikt“ an alle Exportkontrollvorschriften. „Wir verkaufen und liefern keine Maschinen nach Russland/Belarus – weder direkt noch indirekt.“ Weiter teilte Spinner mit: „Sollten wir Kenntnis von Verstößen erlangen, sperren wir betroffene Maschinen umgehend von Kundendienst, Service und Ersatzteilversorgung.“ Es hieß aber auch: „Der Gebrauchtmaschinenmarkt mit geschätzt 10 000 Maschinen weltweit liegt leider außerhalb unserer Kontrolle.“T. GAUTIER/Q. WULLRICH