Der echte Bauherr: König Ludwig II. von Bayern. © Imago
Das echte Märchenschloss in Schwangau. © IMAGO
Das Modell enthält auch viele Details im Innenraum.
Die stolzen Lego-Bauherrinnen: Christina (v.l.), Viola und Sylvia Heichele mit dem fertigen Modell. Insgesamt stecken 15 Stunden Arbeit darin. © Heichele (2)
München – Wenn man ein böser Mensch wär, könnt man sagen: Fühl Dich selber wie der Märchenkönig. Darum geht‘s hier! Weil: Wer Schloss Neuschwanstein aus Lego-Steinen nachbauen will, kann phasenweise das Gefühl bekommen, dem Wahnsinn näher zu rücken. Das neue Lego-Modell, grad auf den Markt gekommen, besteht aus 3455 Teilen und ist für Baumeister über 18 gedacht. Preis: 269,99 Euro.
Klar ist: Das Objekt trifft den Nerv der Zeit. Neuschwanstein, das berühmteste Bauwerk Ludwigs II., ist seit Kurzem Unesco-Welterbe. Der Besucheransturm ist gigantisch, die nächsten freien Termine für Familien gibt‘s am 30. August. Deswegen holen wir uns das Schloss einfach heim (eben in Mini) – statt hinzufahren. Das waren die Gedanken der Familie von Merkur-Redakteur Uli Heichele. Wohl gemerkt: die Gedanken der Familie! Uli selber ist das Gegenteil von einem Lego-Baumeister – von ihm würde der Wahnsinn bereits beim Öffnen der Verpackung Besitz ergreifen. Aber: Seine Frau Sylvia und die Töchter Viola und Christina haben viel Spaß an Puzzeln und Bauen. Sie haben Legos Kini-Projekt in Angriff genommen.
Der Karton ist ein Trumm. Zu groß, um ihn in einen Rucksack zu packen. Dafür wiegt er nicht viel: Schließlich ist dieses Schloss ja aus Kunststoff.
Wer das Kisterl öffnet, findet 23 Papiertüten: In denen sind die Steine nach Bauschritten vorsortiert. Und das ist gut so. Denn die Bauanleitung ist ein dickes Buch. Wenn man vor der Vielzahl von Schritten, die hier aufgeführt sind, auch noch hunderte Teile auseinanderklauben müsste, die im Prinzip alle gleich aussehen: Dann bräuchte man für den Aufbau wahrscheinlich den ganzen Sommer. So aber: alles klar geordnet, kann losgehen. Und zwar mit einer Überraschung. Der Berg, auf dem das Schloss steht, besteht aus Einzelteilen.
Wichtig: Für diesen Schlossbau muss man Platz schaffen. Und: Wer im Team arbeitet, fotografiert sich am besten Teile aus der Bauanleitung mit dem Handy ab. So kann man parallel arbeiten. Jeder kümmert sich um ein Tütchen – und man muss nicht dauernd im Buch blättern. Diese Arbeitsteilung klappt auch deshalb gut, weil die Tüten nach Gebäuden sortiert sind. Ein Sackerl, ein Haus. So kann jeder ein Teil nach dem anderen montieren – und dann baut man‘s zusammen.
Los geht‘s aber erst mal mit dem Berg. Hier lauern die ersten Fallen. Die Teile, fast alle mit unterschiedlich schrägen Flächen, haben verschiedene Grau-, Braun- und Grün-Töne. Die kann man nicht beliebig austauschen, jedes hat seinen Platz. Da braucht man als Baumeister gutes Licht. Erfahrungswert: Das Merkur-Test-Team brauchte für den Berg den ersten gemeinsamen Bau-Abend – etwa drei Stunden zu dritt.
Wie bei einem echten Haus auch gilt: Wer ein ordentliches Fundament legt, kommt oben gut klar. So auch bei Lego-Schwanstein: Die einzelnen Häusl von kleineren Flügeln bis hin zum Turm sind klar zu konstruieren. Stecken, drücken, passt! Wer mit Muße baut, wird auf interessante Details stoßen und sich vielleicht näher über die Geschichte informieren. Etwa ausgehend von der Frage: Was ist das für eine Schwanen-Statue hinter dem blauen Fenster? So wird die Bastelei zur Geschichtsstunde.
Die Bau-Bilanz: Bis alle Steckerl gesteckt und alle Fragen gegoogelt sind, stehen am nächsten Tag noch mal drei Stunden zu zweit oder zu dritt auf der Uhr. Geschätzt: Wer das allein bauen will, muss vermutlich 15 Stunden einplanen.
Was bleibt: Unser Neuschwanstein steht, eine Gaudi war‘s – und man kann aus dem Steinchen-Neuschwanstein locker ein Ewigkeitsprojekt machen. Spätestens im Herbst stehen Umbauten an. Dann müssen wir die grünen Bäume am Schlosshang gegen orangene tauschen.
So ähnlich war das seinerzeit schon beim Kini. Fertig ist so ein Wahnsinnsprojekt nie. ULI HEICHELE