Urlaub im Bayern-Monsun

von Redaktion

Wie Touristen und Hoteliers dem schlechten Wetter begegnen

Regen? Uns doch egal! Zwei Inline-Skaterinnen trotzen dem schlechten Wetter. © dpa

Sonnenpause: Diana und Holger Karkus aus Werl behielten in Garmisch gute Laune. © privat

Trüber Tegernsee: Melanie und Manuel Scherer aus Siegen hoffen auf Sonne. © Thomas PLETTENBERG

Garmisch-Partenkirchen/Tegernsee – Endlich raus aus dem Regenponcho: Holger Karkus aus Werl ist froh, wieder daheim zu sein. Zwölf Tage war der Westfale mit seiner Frau Diana in Garmisch zu Gast. Beide sind passionierte Wanderer, sie machen fast jeden Sommer hier Urlaub.

„Diesmal begrüßte uns unsere Vermieterin schon mit den Worten: Ich will nicht, dass ihr in die Berge geht!“ Das Wetter sei viel zu unbeständig, eine Gipfeltour zu riskant. Sämtliche Pläne fielen ins Wasser: „Mein SUP-Board habe ich gar nicht erst ausgepackt. Dabei wollten wir den Eibsee und den Forggensee erkunden.“

Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) gehörte der Freistaat mit Sachsen im vergangenen Juli zu den kühlsten Bundesländern. Der Ferienmonat war außergewöhnlich nass und unbeständig, besonders am Alpenrand. Stellenweise fielen über 450 Liter Regen pro Quadratmeter, der höchste Tagesniederschlag bundesweit wurde mit 99 Litern pro Quadratmeter am 28. Juli in Aschau-Stein (Landkreis Rosenheim) gemessen.

Die Wetterlage brachte Schauer und teils unwetterartige Regenfälle. Die Sonne zeigte sich selten, im Alpenraum wurden rund ein Sechstel weniger Sonnenstunden registriert als im langjährigen Mittel. Und mittendrin: Touristenströme im Bayern-Monsun.

„Das ist unser erster Urlaub ohne Kinder seit zehn Jahren“, sagt Melanie Scherer aus Siegen. Mit ihrem Mann Manuel verbringt sie die nächsten sieben Tage in einem Gästehaus am Tegernsee. Es ist ihr erster Urlaub hier. Nein, das Wetter drücke nicht auf die Stimmung, sagen sie standhaft: „Perspektivisch wird es ja besser“, lacht die Westfälin. Und Regen seien sie aus ihrer Heimatregion ohnehin gewöhnt.

„Dieses Wetter nervt mich auch“, gibt Malte Timm zu. Er betreibt in Garmisch „Das Nordberg“, ein Guesthouse mit sieben Zimmern und acht Ferienwohnungen. Eigentlich seien die Leute „gut drauf“ gewesen, doch vergangene Woche sei die Stimmung gekippt. Alle hatten irgendwann genug vom Regen: „Die Gäste aus fünf Ferienwohnungen sind früher als geplant abgereist.“

Immerhin: „Die Läden in der Innenstadt freuen sich.“ Holger und Diana Karkus wurden erfinderisch. Sie wanderten nach Schloss Linderhof. Das Gebäude bestaunten sie allerdings nur von außen, drinnen war es zu voll. Sie schlemmten Kartoffelsalat und Leberkäs, spielten Rummy Cup auf ihrem Balkon und genossen den Blick auf Alp- und Zugspitze: „Sofern die Berge zu sehen waren.“

Auch am Tegernsee saßen die Urlauber im Regen. „Das Wetter schlägt aufs Gemüt“, zieht Rezeptionist Daniel Eiss vom „Seehotel zur Post“ in Tegernsee seine Bilanz. „So ein dauerhaft schlechtes Wetter im Sommer habe ich noch nie erlebt“, sagt der 38-Jährige.

Einige Gäste hätten versucht, im Vorfeld wegen des angesagt schlechten Wetters zu stornieren. Weil dies im Seehotel nur bis zu sieben Tagen vorher kostenfrei gehe, seien dennoch die meisten Gäste angereist. „Mit dem schlechten Wetter steigt auch die Reklamationsrate“, hat Eiss festgestellt. Einige Gäste versuchten so, die Kosten für den Urlaub zu mindern.

Der Garmischer Gastgeber Timm befürchtet eher einen langfristigen Schaden: „Ich denke, dass viele im nächsten Sommer nicht mehr kommen.“ Dazu gehört auch das Ehepaar Karkus: „Wir fahren nach Süddalmatien. Da ist die Sonne sicher.“ Vroni Halmbacher, die am Tegernsee das „Gästehaus Fanny“ betreibt, kann dem Wetter sogar etwas Gutes abgewinnen: „Es entschleunigt.“ Die Gäste hätten beim Frühstück nicht so einen Stress, weil sie zum See oder auf den Berg wollen. Sie bleiben länger sitzen. Ratschen oder lesen. Die Gästehaus-Betreiberin versucht die Stimmung mit kleinen Extras zu heben: „Ich habe so viele Steinpilze gefunden wie seit Jahren nicht mehr. Ein Spaziergang bei Regen kann am Tegernsee extrem stimmungsvoll sein.“ Die Pilze habe sie angebraten und zusätzlich zum Frühstück gereicht. „Das hat sich gleich auf die Laune meiner Gäste ausgewirkt.“ Malte Timm sieht sowieso die Monate September und Oktober als kommende „Supersaison“ für seine Region. „Weniger Regen, angenehme Temperaturen: Der Herbst ist der neue Markt für Garmisch.“ SE/TSR

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