Bauern im Wettlauf mit dem Regen

von Redaktion

Erst die Dürre, dann die Dauernässe: Die Getreideernte macht Sorgen

Einsatz auf Hochtouren: Die Getreideernte steht unter keinem guten Stern. © Patrick Pleul/DPA

München – Anton Stürzer hatte noch Glück: Vergangene Woche hat er bis zum späten Mittwochabend an Sommergerste, Weizen und Raps alles, was irgend möglich war, von seinen Feldern in Höhenkirchen-Siegertsbrunn (Kreis München) geholt. „Zwölf Uhr Mitternacht waren wir mit dem Dreschen fertig“, berichtet der Ackerbauer, der 110 Hektar Land unterm Pflug hat. Als am Donnerstag der heftige Regen einsetzte, hatte der 62-jährige Landwirt seine Ernte unter Dach und Fach. „Ernüchternd vom Ertrag, aber wenigstens zu Hause“, bringt Stürzer die Erntesaison 2025 auf einen Nenner. Bei allen Arten wurde etwa ein Drittel weniger Ertrag geerntet.

Viele andere Landwirte in Bayern bangen jedoch noch um ihre Ernte. „Seit rund drei Wochen hat kaum ein Mähdrescher den Hof verlassen“, klagt Hermann Greif, Getreidepräsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV), über die teils massiven Regenfälle der vergangenen zwei Wochen in verschiedenen Teilen Bayerns. Er ist gerade mit Hofarbeiten beschäftigt, „weil man derzeit nichts machen kann auf den Feldern“. Greif seufzt: „Zuerst hatten wir Trockenheit ohne Ende, Dürre und braune Wiesen. Und jetzt, zur besten Erntezeit, kriegen wir keine trockene Ernte rein.“

Dabei hatte die Ernte eigentlich gut begonnen: Die Wintergerste sei noch flächendeckend eingebracht worden. Beim Weizen sei es aber vielerorts wegen der anhaltenden Trockenheit im Frühsommer zur Notreife gekommen, was die Qualität beeinträchtige. Draußen steht derzeit noch viel Raps, der Weizen, der Roggen und Triticale – eine Kreuzung aus Weizen und Roggen –, die Sommergerste und der Hafer. Das Problem ist: Wenn reifes Getreide wegen der Nässe nicht gedroschen werden kann, beginnt es zu keimen. Das mindert die Qualität, Weizen etwa kann dann nicht mehr als Backgetreide, Braugerste nicht mehr zum Mälzen verwendet werden. Der Landwirt kann es dann notfalls noch als Futtergetreide zu deutlich geringerem Preis verkaufen. „Das kann so schlimm werden, dass es nicht einmal mehr zum Futtergetreide geeignet ist, dann geht es nur noch in die Biogasanlage.“

Wer derzeit über Land fährt, sieht vielfach graues statt goldgelbes Getreide auf den Feldern stehen: Der Regen fördert die Ausbreitung von Schwärzepilzen. Diese beeinträchtigen aber zunächst nicht das Korn, sondern nur die Spelzen. Die Qualität des Kornes kommt laut Greif erst bei der Untersuchung ans Licht. Dann wird sich zeigen, ob das bessere Wetter, was ab Mittwoch prognostiziert ist, die restliche Ernte noch retten kann. „Der Prozess, dass die Qualität des Getreides sinkt, läuft aber schon. Viele Bauern haben Angst, dass sie kein Qualitätsgetreide ernten können.“

Grundsätzlich wird es aber wohl genug Getreide in Deutschland geben, in anderen Gebieten – etwa in Thüringen – seien die Wetterbedingungen heuer deutlich besser, sodass sich die Verbraucher nicht sorgen müssten. Aber die bayerischen Getreidebauern müssten mit betriebswirtschaftlichen Problemen rechnen. Die Landhändler berichteten schon von einem sehr verhaltenen Kaufinteresse an Maschinen bei Ackerbauern im Süden.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Besonders für den Wald, die Wiesen und den Mais ist der reichhaltige Regen der vergangenen Woche ein Segen. Die Wiesen, die im Frühsommer noch verbrannt gewesen seien, hätten sich gut erholt. Eine gute Nachricht für die Futterversorgung des Viehs. Für den Mais reiche es aber nicht zu einer Spitzenqualität, weil die Pflanzen sehr unter der Hitze im Frühsommer gelitten hätten. Bis zu den Juliregen habe es in verschiedenen Regionen nur 50 Prozent der üblichen Niederschläge gegeben.

Wenn es ab Donnerstag wieder trocken ist, werden die Landwirte mit aller Macht die restliche Ernte einbringen. „Dann bitte nicht wundern, wenn die Maschinen laufen, solange sie nur irgendwie können. Weil dann alle Bauern mit Riesenschritten unterwegs sind, um das, was draußen steht, noch zu ernten. Jeder Mähdrescher, der noch irgendwie kann, wird draußen unterwegs sein“, bittet Greif um Verständnis. Denn wenn noch einmal Regen in dieses Getreide komme, „dann ist es sicher kaputt“. CLAUDIA MÖLLERS

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