Die Römer von der Altmühl

von Redaktion

Fachsimpeln: Helmut Drieger vom Heimatverein Vetoniana im Gespräch mit Redakteur .Johannes Welte

Originalgetreu: Martin Beck, Roland Kirschner und Hendrik Rohde (v.l.) vorm Kastell in ihren Legionärsrüstungen. © Oliver Hummel (2)

Pfünz – „Ad dextram pergite“, ruft Valerius Manus Breucorum, der Legionär. Seine Kameraden Gentius Flavicus Raeticus und Lucius Flavius Magnus marschieren, wie er im Kettenhemd, mit Schild, Speer und Römerhelm im Trippelschritt nach rechts. Die drei Römer bewachen die Mauer des Kastells Vetoniana, wo jeden Moment eine wilde Germanenhorde aus dem Wald brechen könnte.

Wir sind in Pfünz an der Altmühl, wo im teilrekonstruierten Römerkastell drei Freizeitlegionäre uns ihre Ausrüstung zeigen. Valerius heißt eigentlich Roland Kirschner, ist 62 Jahre alt und pensionierter Audi-Techniker aus Wolnzach, Lucius (24) ist Speditionskaufmann aus Kösching und heißt Hendrik Rohde, Martin Beck (42) ist Gentius, er arbeitet als Entwicklungsfachkraft bei Audi in Ingolstadt – und ist Gründungsmitglied des Heimatvereins Vetoniana in Pfünz. „Das Castrum Vetoniana war ein großes Lager für 500 Legionäre, die hier von 90 n. Chr. bis zum Jahr 240 stationiert waren“, erklärt der Ex-Vorsitzende des Vereins, Helmut Drieger, der mit vor Ort ist.

Das Kastell war 190 mal 145 Meter groß, wurde erst in Holz errichtet, unter Kaiser Antoninus Pius (138–161) von einer Steinmauer umgeben mit vier Toren und Ecktürmen. „Auch das Stabsgebäude war aus Stein“, fügt Drieger hinzu. Die Ausgräber, die seit dem 19. Jahrhundert das Kastell freilegten, fanden sogar die Bauinschrift. Ein Teil der Mauer, ein Tor und ein Eckturm wurden rekonstruiert und sind jetzt ein Freilichtmuseum. „Die Aufgabe der Legionäre war es, den Limes zu bewachen, der zehn Kilometer nördlich am Nordufer der Altmühl die Grenze des Römischen Reichs bildete“, erklärt Drieger. Es gab eine durchgehende, etwa drei Meter hohe Mauer von der Donau bei Kelheim bis zum Rhein bei Koblenz, geschützt von Wachtürmen, die jeweils in Sichtweite standen und von Legionären aus den Kastellen besetzt waren. „Vor dem Südtor gab es eine ausgedehnte Zivilsiedlung“, ergänzt Drieger. „Ad sinsitram per gite!“ – „Links um!“ Valerius macht halt vor uns und erklärt sein Kettenhemd. „Es besteht aus rund 28 000 Ringen. „Diese Kettenhemden werden in Indien gefertigt, sonst wäre das unbezahlbar“, erklärt der Wolnzacher, der aus Pfünz stammt. Für Antik-Fans gibt es einen Online-Markt mit Nachbildungen römischer Militärgegenstände. Dort erstand Kirschner auch seinen Helm, der benannt nach dem Fundort bei Mainz dem „Weisenauer Typus“ zugerechnet wird. Gentius trägt einen Schuppenpanzer, den er selbst mit 2500 Messingplättchen zusammengenäht hat. Lucius hat einen hölzernen Schild, der mit Dampf gerundet und mit einem liebevoll per Hand in Messing getriebenen Messingbuckel geschmückt ist.

Das Gepäck, zu dem auch Kochgeschirr und eine Wasserflasche gehörten, trugen die Legionäre an einer Furca, eine Art Kreuz, die man schulterte. „Insgesamt schleppte ein Legionär an die 45 Kilo mit sich herum“, erklärt Kirschner, der uns seine Furca vorführt. Die drei Legionäre treffen sich mit weiteren Freizeit-Römern regelmäßig zu Festen und Schaukämpfen. „Gerade waren wir in Kumpfmühl bei Regensburg, da haben wir gegen Gladiatoren gekämpft“, grinst Gentius. „Einer von denen bekam da ein paar blaue Flecken.“

In den Jahren 233 oder 234 wurde das Kastell Vetoniana bei den Alemannenstürmen eingenommen, der Unterarmknochen eines vermutlich Erschlagenen deutet auf eine Katastrophe hin. Der Limes wurde aufgegeben, die Römer formierten sich an der Donau neu.

Tipp

Die römische Epoche Bayerns wird im Römer- und Bajuwaren-Museum im nahen Kipfenberg gezeigt (tgl. 10-18 Uhr, ab Sept. bis 16 Uhr,Erw. 5 €, ermäßigt 2,50 €).