Tausende stürmen Drachenlord-Dorf

von Redaktion

Streit zwischen Youtuber und Gegnern – Katz-und-Maus-Spiel mit Polizei

Der „Drachenlord“ 2022 mit Maske vor Gericht.

Die Polizei überprüfte die Personalien von rund 160 Menschen. Es kam auch zu Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Tausende „Hater“ kamen nach Altschauerberg, manche chauffiert von ihren Eltern. © NEWS5 (3)

Emskirchen – Es ist eine Geschichte, die man außerhalb einer sehr speziellen Szene kaum verstehen kann. Rainer W. (36), im Internet bekannt als „Drachenlord“, sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für Aufläufe in seinem Heimatdorf, dem kleinen Altschauerberg mit 42 Einwohnern, das zu Emskirchen 25 Kilometer westlich von Nürnberg gehört. Mit seinen provozierenden Videos zog er den Hass junger Menschen in den Sozialen Medien auf sich, es kam immer wieder zu Angriffen und Rangeleien am Grundstück. Als Rainer W. vor zwei Jahren ausgezogen war, die Gemeinde das Anwesen gekauft und das Haus abgerissen hatte, glaubte sie, den Spuk beendet zu haben. Weit gefehlt.

Am Samstag kamen zeitweise an die 4000 Jugendliche und junge Erwachsene in den kleinen Ort, den die Polizei hermetisch abgeriegelt hatte. Schon seit Monaten wurde auf Tiktok oder Youtube zum „Schanzenfest“ aufgerufen. Der Name rührt daher, dass Rainer W. sein Anwesen selbst als „Drachenschanze“ bezeichnet hatte. „Die Teilnehmer kamen mit Zug und Auto angerückt, einige wurden sogar von ihren Eltern herchauffiert“, berichtet der Sprecher der Polizei Mittelfranken. „Die Autokennzeichen waren aus ganz Deutschland.“

Eigentlich hatte der Markt Emskirchen eine Allgemeinverfügung erlassen, die größere Menschenansammlungen, Lärm und Feuerwerkskörper verbot. Zunächst stürmten die vorangehenden jungen Männer den örtlichen Supermarkt, der sich offenbar auf das Ereignis eingerichtet hatte. Rainer W. soll hier früher oft eingekauft haben: Die Kühltruhen waren prall gefüllt mit Ofenkäse und „Monster“-Energydrinks, wie ein Tiktoker in seinem Video lobt – angeblich das Lieblingsessen und der Lieblingsdrink von Rainer W.

Schließlich startete eine schier endlose Karawane ins drei Kilometer entfernte Altschauerberg, wo die Polizei, die auch mit einer Reiterstaffel vor Ort war, Wege und auch den Wald abriegelt hatte. Ein junger Mann versuchte, durch einen Fischteich in den Ort zu schwimmen, andere schlugen sich durch den Wald, ein Teilnehmer brach dort eine Jagdhütte auf und zog sich durch die zerbrochene Scheibe Schnittverletzungen zu.

Andere zündeten im Wald Feuerwerkskörper. Die junge Meute fordert den Wiederaufbau des „Drachennestes“ und lieferte sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Die konnte jedoch verhindern, dass jemand zu dem von einem Bauzaun abgeriegelten Grundstück vordringen konnte. Die Bilanz: Bei rund 160 Menschen wurden Ausweise und Aufenthaltspapiere überprüft. Die Daten gehen nun an die Gemeinde, die die Verstöße verfolgen kann. Außerdem wurden Strafdelikte einzelner Personen aufgenommen, darunter Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung und Beleidigung. Ein 16-Jähriger wurde wegen Widerstands gegen Beamte vorläufig in Gewahrsam genommen.

Mehrere der „Hater“ wurden in den vergangenen Jahren bereits wegen Straftaten gegen den Videoblogger verurteilt oder wegen Ordnungswidrigkeiten bestraft. Auch der „Drachenlord“ selbst wurde nach gegenseitigen Beschimpfungen gewalttätig und musste sich wegen mehrerer Fälle vor Gericht verantworten. 2022 wurde er zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt.JOHANNES WELTE

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