Eine Thüringer Rostbratwurst mit Senf im Brötchen. © dpa
Erfurt/Regensburg – Erfurter Forscher wollen den bislang ältesten Nachweis für einen Bratwurststand gefunden haben. In einer Urkunde von 1269 sei von einer Hütte und einem Bräter an der bekannten Krämerbrücke die Rede, sagen der Projektleiter Welterbe der Thüringer Landeshauptstadt, Martin Sladeczek, und der emeritierte Historiker Karl Heinemeyer. Die Urkunde sei durch Zufall bei Nachforschungen über die Geschichte der Brücke gefunden worden. Muss die Historie der Bratwurst nun umgeschrieben werden?
Bislang schmückt sich das Regensburger Lokal Wurstkuchl mit dem Titel „Älteste Bratwurststube der Welt“. Die erste urkundliche Erwähnung eines Kochs stammt von 1378 – also über hundert Jahre später als in Erfurt. Vor rund 25 Jahren war schon einmal ein Streit mit der Bratwursthochburg Nürnberg um das älteste Lokal entbrannt. Damals konnten die Regensburger die älteste Erwähnung vorlegen.
Nun könnte der historische Titel nach Thüringen gehen, wo die Bratwurst ebenfalls zum Kulturgut gehört. Im Jahr 1404 wurde in Arnstadt „1 Groschen für Bratwurstdärme“ ausgegeben. Aus Sicht von Thomas Mäuer vom Deutschen Bratwurstmuseum in Mühlhausen ist diese Rechnung der erste Nachweis für die Bratwurst überhaupt. Zwar stehe in einem Nürnberger Schriftstück von 1313, dass Lendenfleisch zu Würsten verhackt wurde, sagt er. „Da ist aber auch nicht von einer Bratwurst die Rede.“
Aus seiner Sicht ist die Sache einfach: In der Arnstädter Urkunde stehe das erste Mal das Wort Bratwurst geschrieben, alles andere funktioniere nur „über einen Dreisatz“. Mit Blick auf die Entdeckung in Erfurt sagt er: „Ich halte es für sehr gewagt, daraus zu schließen, dass dort Bratwürste gebraten wurden.“ Tatsächlich ist in der Urkunde, die eigentlich die Pachtrechte auf der Krämerbrücke festhalten sollte, nicht vermerkt, was dort gebraten wurde. Aber, so Sladeczek: „Wir wissen, was die Menschen im Mittelalter gegessen haben: Würste und gebratenes Fleisch.“ Der Nachweis von 1404 sei ein Zufallsfund, genau wie der ihre. Bratwürste habe es vermutlich schon viel früher gegeben. Er betont: „Wir sind nicht angetreten, um hier den lokalpatriotischen Kampf zu führen.“ Sein Interesse sei gewesen, zu erforschen, was auf der Brücke früher verkauft wurde.
Und was sagen nun die Titelverteidiger zu dem Fund? In der Wurstkuchl gibt man sich entspannt. „Uns stört das ehrlich gesagt überhaupt nicht. Wir mögen die Bezeichnung eh nicht so gern“, sagt Wirtin Alexandra Meier. Sie sei eher stolz darauf, dass ihre Familie Würste herstellt und die Leute wegen der Qualität der Produkte kämen. Meier betont: „Ich glaube nicht, dass die Leute sagen: Da gehe ich jetzt nicht mehr hin, weil es nur die zweitälteste ist.“ DPA