Bayerns verlorene Baudenkmäler

von Redaktion

Stiftung veröffentlicht Schwarzbuch: Auch mehrere Fälle im Freistaat angeprangert

Die Abrissarbeiten der Radrennbahn am Reichelsdorfer Keller in Nürnberg haben im Oktober 2023 begonnen. © Wjst/IMAGO

Die alte Schlosswirtschaft in Planegg wurde im März 2024 abgerissen. © Landesverein für Denkmalpflege

Der Bagger rollt an: Das Handwerkerhäuschen in Landshut wurde 2024 abgerissen – zum Ärger von Denkmalschützern. © Vincon

München/Berlin – Bagger statt Sanierung: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beklagt den achtlosen Abriss historisch bedeutsamer Gebäude. In einem „Schwarzbuch“ spricht die Stiftung von 24 Bauwerken, die in den Jahren 2023 und 2024 allein in Bayern komplett oder teilweise verloren gegangen sind.

Neben der Radrennbahn Reichelsdorfer Keller in Nürnberg listet die Stiftung unter anderem das Handwerkerhaus in Landshut, die Alte Schlosswirtschaft in Planegg im Kreis München und ein Fachwerkhaus bei Bayreuth auf – alles Objekte, deren Verlust auch der Bayerische Landesverein für Heimatpflege bereits angeprangert hatte.

„Jedes Jahr gehen viele Objekte unwiederbringlich verloren – und jedes verlorene Denkmal ist auch ein Stück verlorene Erinnerung, Identität und Kultur“, heißt es im „Schwarzbuch“. Manche Eigentümer würden ihre Immobilien absichtlich verwahrlosen lassen, um eine Genehmigung für den Abriss zu bekommen. Ein anderer Weg der Eigentümer sei es, vor dem Abriss die Aufhebung des Denkmalschutzes behördlich oder vor Gericht durchzusetzen. Einige hätten Gebäude trotz bestehenden Denkmalschutzes und ohne Zustimmung abgerissen, heißt es in dem Papier, das bundesweit mindestens 900 verlorene Denkmale verzeichnet.

Die Gründe aus Sicht der Stiftung: Denkmalschutz gelte als starr und teuer. Häufig würden Kosten für den Erhalt geschützter Gebäude zu hoch angesetzt, Kosten für Ersatzbauten hingegen zu niedrig. Einige Denkmale seien als historisch belastete Orte „unbequem“, etwa das Bogensee-Areal mit der Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in Brandenburg.

Zuständig für den Schutz von geschätzt etwa einer Million Denkmalen sind Behörden der Länder, doch es fehle der Überblick. „Wie viele Denkmale jedes Jahr verschwinden, ob durch Abriss oder durch unauffälliges und unbemerktes Streichen von den Denkmallisten, wird ebenfalls nicht erfasst und ausgewertet“, schreibt die Stiftung. Die 900 verlorenen Denkmale hat sie selbst recherchiert, hält die Liste aber nicht für komplett. Die Autoren des Schwarzbuches fordern deshalb eine bundesweite Erfassung des Denkmalbestandes. Bislang gebe es keine einheitlichen Standards.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes fordert die Stiftung ein politisches Bekenntnis zum „Bauen im Bestand“. Dies müsse vereinfacht werden. Bei Verstößen sollten Behörden Sanktionsmöglichkeiten stärker nutzen. Dazu gehörten etwa Bußgelder oder eine Wiederaufbaupflicht. Eigentümer von Denkmälern müssten durch steuerliche Anreize finanziell entlastet werden. Nötig sei auch weniger Bürokratie bei Förderprogrammen.

Rudolf Neumaier, Geschäftsführer beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege, kann den Appell für ein politisches Bekenntnis zum Bauen im Bestand nur unterstützen. „Das fordern wir seit Jahren! Es ist jammerschade, wie viele Ortskerne veröden.“ Es gebe zu viele Denkmäler, die auf dem Land schlicht verfallen. „Da wird leider oft nicht in gebotener Konsequenz draufgeschaut“, kritisiert Neumaier. „Und wenn man die Landratsämter dann darauf anspricht, wird immer wieder auf den Personalmangel verwiesen.“dpa/epd/dg

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