Urlaub im Zugspitzdorf Grainau: Hier sind heuer Ende Juli gleich zwei Familien auf Betrüger hereingefallen. © Hoffmann/Getty
München – Eine Familie mit zwei Kindern will im Zugspitzdorf Grainau Urlaub machen. Eigentlich sollte sich genau hier ihre Ferienwohnung befinden. Für 1500 Euro haben die Eltern sie auf der Online-Plattform booking.com gebucht. Aber vor Ort stellt sich heraus: diese Wohnung gibt es gar nicht. Großer Ärger zum Ferienbeginn. Die Nachbarin berichtet, dass allein diese Woche schon fünf Urlauber die Adresse angefahren hätten. Alle sind Opfer dreister Abzocker.
Die betroffene Familie hat den Betrug vor vier Wochen bei der Polizei in Garmisch-Partenkirchen angezeigt. Der Polizei berichtete die Anwohnerin von 25 solcher Fälle an jener Adresse in diesem Jahr. Polizeisprecher Paul Klette kennt sogar noch einen weiteren Fall, der sich ebenfalls Ende Juli in Grainau zugetragen hat. Da standen neun Gäste, die für 1650 Euro auf tripadvisor.de gebucht hatten, vor verschlossener Tür. Die Unterkunft existierte zwar, aber der Vermieter wusste nichts von der Buchung. Das Geld hatte ein bislang Unbekannter eingesackt.
Solche Betrugsmaschen mit „falschen“ Ferienwohnungen oder gar Luxus-Villen kennen Verbraucherschützer eher aus großen Urlaubsdestinationen – wie Paris, Mallorca oder den Kanarischen Inseln. Aber auch an Nord- und Ostsee gibt es Fälle – und auch in Oberbayern. Das Vorgehen der Betrüger hat sich verändert. Sie schalten Fake-Inserate nicht mehr nur auf gefälschten Webseiten, sondern auch über gängige Online-Plattformen wie booking, tripsadvisor, Check24 oder Airbnb. Entweder werden nichtexistente Unterkünfte mittels Künstlicher Intelligenz inseriert oder eben Daten und Bilder bestehender Unterkünfte missbraucht, um große Geldsummen für eine vermeintliche Buchung zu ergaunern.
„Das Problem ist, dass die Plattformen nicht dazu verpflichtet sind, Angebote vorab zu überprüfen“, sagt Julia Zeller, Reise-Expertin der Verbraucherzentrale Bayern. Umso wachsamer sollte man selbst beim Buchen sein. Eine Villa mit Pool und Standzugang auf Mallorca für 300 Euro die Woche? Das klingt genauso fragwürdig wie das großzügige Chalet mit Blick auf Schloss Neuschwanstein zu einem ähnlichen Schleuderpreis.
„Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist meist auch kein seriöses Angebot“, sagt Julia Zeller. „Solche Fake-Angebote sind in Bayern nicht Alltag, kommen aber trotzdem immer mal wieder vor. Zudem dürfte die Dunkelziffer der Fälle höher liegen als die Zahl, die durch Anzeigen bei der Polizei aufschlägt.“
Gerade so davongekommen ist ein Urlauber im Berchtesgadener Land. „Auf einem kleinen Buchungsportal ist ihm ein Angebot doch recht spanisch vorgekommen“, erinnert sich Teresa Hallinger, Leiterin des Destinationsmanagement Bergerlebnis Berchtesgaden. „Also hat sich der Gast an uns gewandt und wir konnten mit Gewissheit sagen, dass das Angebot nicht real sein kann.“ Vor dem Hintergrund der Kurtaxe wird im örtlichen Meldesystem nämlich jeder Gastgeber samt Unterkunft gelistet.
Der Fall im Schatten des Watzmanns ist jetzt drei Jahre her. „Im Zweifelsfall würde ich immer raten, so vorzugehen“, sagt Hallinger. Weist ein Online-Angebot etwa keine Kontakt- oder Adressdaten auf, sei Vorsicht geboten. Dass viele Urlauber inzwischen auf Nummer sicher gehen, merkt man auch am Tegernsee. „Es kommt immer wieder vor, dass Gäste bei uns anfragen, ob es den Gastgeber tatsächlich gibt“, erklärt Christian Kausch, Geschäftsführer der Tegernsee Tal Tourismus GmbH. Betrugsfälle sind bei der TTT nicht bekannt. In Berchtesgaden spricht man von einer „Randerscheinung“.
Garmisch-Partenkirchen aber geht seit einiger Zeit gezielt dagegen vor: Die Mitarbeiter der Tourist-Info durchforsten Online-Portale nach auffälligen Angeboten. „Mit geschultem Blick fällt einem schon mal auf, wenn die Bergkulisse auf den Bildern einfach nicht passt“, sagt Rosi Ostler vom Gästemanagement. „Wir melden das sofort an die Plattformen. Meistens ist die Unterkunft nach 30 Minuten entfernt.“ Bei Booking räumt eine Sprecherin ein: „Online-Betrug stellt leider eine Herausforderung dar.“ Angesichts der globalen Reichweite des Portals seien tatsächliche Vorfälle aber selten. Die überwältigende Mehrheit an verdächtigen Aktivitäten würde vorher blockiert. Das Restrisiko trägt der Urlauber. CHRISTIAN FELLNER CORNELIA SCHRAMM