Furcht vor der Förder-Flaute

von Redaktion

Gemeinden bangen um Windkraft-Projekte – Appell an Bund

Eines von drei Windrädern im Hofoldinger Forst. Weitere sollen folgen. © THOMAS PLETTENBERG

Höhenkirchen-Siegertsbrunn – Otto Bußjäger ist sauer. Denn er hat das Warten satt. Deshalb hat der Gemeinderat aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Vize-Landrat im Kreis München einen Brief an Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) geschrieben. Er fordert endlich Klarheit beim Thema Windkraft. Die Menschen seien verunsichert, warnt er. „Deshalb brauchen wir dringend eine schnelle Auskunft.“

Konkret geht es um das sogenannte Referenzertragsmodell, das die Bundesregierung unter die Lupe nehmen will. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir überprüfen das Referenzertragsmodell auf Kosteneffizienz unter anderem hinsichtlich unwirtschaftlicher Schwachwind-Standorte.“ Hinter dem Modell verbirgt sich ein Mechanismus, der den Nachteil windschwächerer Standorte, wie etwa im südlichen Bayern, teilweise ausgleicht. Und zwar durch einen Zuschlag bei der Einspeisevergütung für den dort produzierten Strom. Je nach Ausgang könnte die Entscheidung der Bundesregierung für viele geplante Windprojekte in Bayern das Aus bedeuten – unter anderem im Höhenkirchner Forst, wo fünf Windraftanlagen angedacht sind.

In seinem Brief an Reiche schreibt Bußjäger: „Um unsere Ziele der Energiewende in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zu erreichen, bedarf es verlässlicher Rahmenbedingungen und stabiler Investitionsanreize für die Erneuerbaren Energien.“ Deshalb sei „eine zeitnahe Klärung der zukünftigen Ausgestaltung der Förderung für weitere Planungen vor Ort wichtig“.

Auch andernorts ist man beunruhigt: Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH, scharrt mit den Hufen. Erst im Juli fand die Einweihung des Bürgerwindparks im Hofoldinger Forst mit drei Windrädern statt. Hier sind die Gemeinden Sauerlach, Otterfing und Aying beteiligt. Auf bestehende Anlagen wie diese hätte die mögliche Änderung laut Sterflinger zwar keine Auswirkungen. Dafür könnte sie aber beispielsweise einen weiteren und geplanten Bürgerwindpark im Hofoldinger Forst gefährden. „Wenn der Schwachwind-Bonus wegfällt, dann könnte es sein, dass das Projekt nicht mehr wirtschaftlich ist“, meint Sterflinger. Unter diesen Bedingungen würden sich Windkraftanlagen dann wahrscheinlich nur noch für Großinvestoren rentieren. „Der örtlichen Bevölkerung wäre damit nicht gedient.“ Ein wichtiges Argument, denn: Im bestehenden Modell etwa werden Gewinne an beteiligte Gemeinden ausgeschüttet, Bürger haben eine feste Verzinsung. Das steigert die Akzeptanz der Windkraft. Für Sterflinger und seine Mitstreiter heißt es nun ebenfalls: abwarten.

Auch die, die in der Branche ihr Geld verdienen, bemängeln die fehlende Planungssicherheit. So wie Lorenz Schwarzenbach, der beim Ingenieurbüro Sing in Landsberg am Lech arbeitet, das bereits viele Windkraftprojekte in der Region betreut hat. „Das ist ein großes Problem, das zu Verunsicherung führt“, sagt er. Auch wenn bislang alles Spekulation ist: „Grundsätzlich würde unter einer deutlich verringerten Vergütung die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen in Süddeutschland erheblich leiden, sodass Projekte gegebenenfalls nicht realisiert werden könnten.“ Deshalb halte seine Firma ein Ende des Referenzertragsmodells energiewirtschaftlich „keinesfalls für sinnvoll“. Man sei hier ganz bei Vize-Landrat Bußjäger.

Zum einen würden so bereits erzielte Fortschritte der Energiewende stark ausgebremst. Andererseits würden durch den zusätzlich erforderlichen Netzausbau die Stromkosten für Industrie und Endverbraucher steigen. Dies behindere den dringend benötigten Ausbau der Erneuerbaren Energie, der zugleich einen wesentlichen Beitrag zu regionaler Wertschöpfung in Süddeutschland leiste. Schwarzenbach lässt sich trotz des Gegenwindes nicht entmutigen: „Wir sind optimistisch.“MARLENE KADACH LAURA FORSTER

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