„Ich bin elektrisiert“

von Redaktion

Tankt jetzt Strom: Redakteur Nico Rading mit seinem neuen Cupra. © klaus haag

Geretsried – Meine persönliche Verkehrswende vollzog ich nach einem dieser gefühlt unzähligen Werkstattbesuche im vergangenen Winter. Diesmal waren die Glühkerzen fällig. Kosten: knapp 2000 Euro. Vorher Ölwechsel, Auspuff und, und, und. Ich rechnete mir aus, wie viel ich mit einem Auto sparen würde, das diese ganzen Bauteile nicht hat und die damit auch nicht kaputtgehen können. Ergebnis: Es sind tausende Euro.

Ein Elektroauto sollte her! Nach kurzer nächtlicher Recherche stieß ich auf ein Leasingangebot: Cupra Born, gut 300 Euro im Monat, Inspektionen inklusive: Ich schlug sofort zu, verkaufte wenige Wochen später meinen divenhaften Audi A6. Ohne jemals vorher ein E-Auto gefahren zu haben, geschweige denn dieses Modell. Mein Fazit nach gut einem halben Jahr: Die Entscheidung hat sich gelohnt. Warum? Weil ich – wie erhofft – seither keine Werkstatt gesehen habe.

Abgesehen davon erweist sich der Antrieb als überaus flott. Das Auto hat exakt so viel PS wie mein Audi vorher. Die Beschleunigung ist ähnlich, fühlt sich aber auf den ersten Metern viel gewaltiger an. Mit einem leisen, aber druckvollen Ssssst und einem breiten Grinsen geht es an jeder Ampel brachial vorwärts. Und der Spaß geht noch nicht mal ins Geld. Weil ich daheim „tanken“ kann, kenne ich Ladesäulen meist nur noch vom Vorbeifahren.

Noch mehr Argumente gefällig: Wie wär‘s mit Steuerbefreiung oder vier Stunden kostenlosem Parken auf öffentlichen Stellplätzen? Oder einem reineren Gewissen?

Das Vergnügen hat allerdings Grenzen. Stichwort: Langstrecke. Das Schnellladen an der Autobahn ist sauteuer, der Vorteil gegenüber einem halbwegs sparsamen Verbrenner ist ab 300 Kilometer Strecke futsch. In Zahlen: Pro Kilowattstunde zahle ich bis zu 80 Cent, daheim sind es 20 bis 30. Und mit Photovoltaik null. Pro 100 Kilometer brauche ich etwa 20 Kilowattstunden.

Da sind wir auch schon beim nächsten Aha-Erlebnis. Vergessen Sie – vor allem auf Langstrecken – die offiziellen Reichweitenwerte (WLTP). Nehmen Sie vor der Kaufentscheidung den für ihr Auto angegebenen Wert und halbieren Sie ihn. Dann nähert sich die Angabe ungefähr einem realistischen Bereich. In meinem Fall: ca. 300 Kilometer statt 599. Nervig für Eilige auch: Die Standzeit beim „Schnell“-Laden beträgt in der Regel rund eine halbe Stunde.

Auf kurzen Abschnitten oder über Land aber ist das Auto ein Traum. Und genau das ist mein Fahrprofil. Von Geretsried acht Kilometer nach Wolfratshausen, dort in die S-Bahn nach München bis zum Hauptbahnhof, in die Redaktion und wieder zurück. Ab und zu mal zum Starnberger See oder nach Bad Tölz. Wochenlang kann ich so mit einer Ladung herumstromern. Und kann mir meistens sogar den Luxus erlauben, auf sonnige Tage zu warten und dann dank vorhandener Photovoltaik völlig kostenlos nachzuladen.

Mein Tipp für Wechselwillige nach einem halben Jahr E-Auto-Erfahrung: Fahrprofil analysieren (es sollte nicht zu viel Langstrecke enthalten), eigene Lademöglichkeiten prüfen und bei der Anschaffung einen möglichst großen Akku wählen. Das belastet beim Kauf zwar den Geldbeutel ein wenig mehr, schont aber die Nerven auf Dauer ungemein.

Ich jedenfalls bin und bleibe von diesem Konzept elektrisiert. NICO RADING

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