Bahn streicht Alpen-Fernzüge

von Redaktion

Aus zum Fahrplanwechsel – „Verlust für Tourismusregionen“

Auch Oberstdorf im Allgäu wird als IC-Endbahnhof abgehängt. © Karl-Josef Hildenbrand/pa

Ein ICE vor dem Zugspitz-Panorama: Dieses Bild wird es bald nicht mehr geben. © DB

München – Rückschlag für die Bestrebungen, die Tourismusregionen umweltfreundlich per Bahn zu erschließen. Die Deutsche Bahn plant, mit dem Fahrplanwechsel im Dezember die traditionellen Alpen-Fernzüge von Berlin und Hamburg nach Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgaden fast komplett zu streichen.

Es ist das Aus für Strecken mit klangvollen Namen. Der ICE „Karwendel“ mit der Zugnummer 1003, bisher samstags auf der Strecke von Berlin nach Garmisch-Partenkirchen (mit Stopps in Nürnberg, aber auch Weilheim und Murnau) unterwegs, fährt schon am 27. September zum letzten Mal, wurde unserer Zeitung aus bahninterner Quelle bestätigt. Auch der ICE „Wetterstein“, der freitags bis sonntags von Hamburg auf der Langstrecke via Lüneburg, Celle, Würzburg, Augsburg und München nach Garmisch-Partenkirchen fuhr, ist nur noch bis 13. Dezember eingeplant. Das Nachsehen haben dann auch Seefeld in Tirol und Innsbruck – dorthin fuhr der Zug bisher weiter.

Der IC 2083 („Königssee“), der bisher täglich von Hamburg nach Berchtesgaden fuhr (laut Fahrplan in neuneinhalb Stunden), läuft am 21. September aus. Auch mit dem Intercity 2085 mit dem klangvollen Namen „Nebelhorn“ ins Allgäu ist bald Schluss. Das hatte das Magazin „Lok-Report“ schon im Mai vermutet. Nun ist klar: „Nebelhorn“ fährt am 7. Oktober zum letzten Mal.

„Da verliert man etwas“, kommentiert Norbert Moy vom Fahrgastverband Pro Bahn auf Anfrage unserer Zeitung. Die Züge hatten teils lange Laufwege. Und sie waren wegen vieler Unterwegshalte – „Nebelhorn“ legt von Hamburg bis Oberstdorf 20 Stopps ein, sogar in Celle und Steinach bei Rothenburg ob der Tauber – nicht die Schnellsten. „Sie waren aber für eine Klientel, die sich schwer tut mit Umsteigen“, sagt Moy. Etwa Hamburger Senioren, die mit schweren Koffern ihren Urlaub im sonnigen Allgäu verbringen wollen. Oder auch Fahrrad-Touristen. Für die Tourismusregionen sei die Streichung der Urlauber-ICEs und -ICs ein Verlust, sagt Moy. Er hat auch eine Vermutung, warum die DB so rigoros streicht: Der Fernverkehr befürchte, wegen einer anstehenden Erhöhung der Trassenpreise – eine Schienen-Maut, die Bahnunternehmen für die Nutzung der Gleise zahlen müssen – um bis zu 18 Prozent erneut in die roten Zahlen zu rutschen. Daher landen mitunter schwach ausgelastete „Exotenzüge“ auf der Streichliste.

Bauarbeiten und Streckensperrungen, aktuell im Allgäu, 2026 und 2027 auf der Strecke München–Salzburg, kommen hinzu. Vermutlich erwischt es aber auch andere Tourismuszüge außerhalb Bayerns. Die Deutsche Bahn will dazu nichts mitteilen. Der Fahrplan 2026 werde Ende September veröffentlicht. Bis dahin gebe es keine Details.

Letzte Hoffnung ruht nun auf der Politik. Sie hat auf die Planungen im Fernverkehr freilich wenig Einfluss. „Der Freistaat ist in diesem Sommer durch DB-Fernverkehr von den Änderungen im kommenden Fahrplan und daher auch von Streichungsplänen in Kenntnis gesetzt worden“, erklärt das bayerische Verkehrsministerium. Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hat bei DB-Fernverkehrschef Michael Peterson auch persönlich protestiert und um Überprüfung gebeten.

Für den ICE „Karwendel“ gibt es nun Planungen, ihn künftig in Saarbrücken zu starten mit Halt in Stuttgart – allerdings soll die Abfahrtszeit 4.30 Uhr maximal unattraktiv sein. Für Fernzüge nach Oberstdorf könnte ein Neustart möglich sein, wenn die Bahn endlich die Zulassung für die sogenannten TALGO-Züge eines spanischen Herstellers erhält. Dieser ICE-L mit niedrigem Einstieg wird von einer Lok gezogen, sodass der Austausch Elektro/Diesel in Augsburg für die Weiterfahrt ins Allgäu wie gehabt möglich wäre.DIRK WALTER

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