Franz Kerl aus Hochenbercha. © Martin Becker
Neun Stunden pro Tag sitzt Franz Kerl hinter dem Lenkrad. Er ist seit 37 Jahren Lkw-Fahrer. 20 Jahre lang fuhr er Trucks im Fernverkehr, heute ist er mit seinem 40-Tonner vor allem im Großraum München unterwegs – und hat dabei schon so einiges erlebt.
Franz Kerl steigt an der Raststätte Vaterstetten-West in seinen Lastwagen, die Mittagspause ist vorbei. Es geht wieder auf die Straße. Die nächsten viereinhalb Stunden wird er wieder am Lenkrad sitzen, dann ist Feierabend. „Die Lenk- und Ruhezeiten müssen eingehalten werden“, erklärt er. Die gesetzlichen Vorgaben hat er längst verinnerlicht. Der 57-Jährige ist seit 37 Jahren Lkw-Fahrer. Mit 19 machte er bei der Bundeswehr den Lkw-Führerschein. Dann war er zwei Jahrzehnte mit seinem Truck im Fernverkehr unterwegs. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und den Kindern in Hochenbercha im Landkreis Freising und fährt mit seinem 520 PS starken 40-Tonner vor allem Tagestouren für das Abrissunternehmen Ettengruber aus Dachau. Meistens beginnen seine 10-Stunden-Tage schon um 6 Uhr morgens. Seine Route erfährt er erst dann, er muss Schutt von Baustellen abtransportieren, wiederverwendbares Material zu Recyclinghöfen fahren. Was nicht mehr brauchbar ist, kommt zur Bauschuttdeponie in Altötting. Wenn er es innerhalb der vorgeschriebenen Fahrzeit nicht nach Hause schafft, kommt es schon mal vor, dass er über Nacht irgendwo parkt und im Lkw schläft. Für ihn ist das kein Problem, sein 40-Tonner hat Standheizung, Klimaanlage, einen Kühlschrank und ein Bett.
Kerl liebt an seinem Beruf die Ruhe, die er hinter dem Lenkrad hat. „Das ist mir wichtig.“ Deshalb ist er früher auch immer gerne nachts gefahren. Wenig Verkehr, kein Stau. Früher, als einige EU-Staaten noch nicht zum Schengen-Raum gehörten und es strenge Grenzkontrollen gab, kam es schon mal vor, dass er 50 Stunden im Stau stand, erzählt er. Aber er hat auch viel Schönes durch seinen Beruf gesehen. Er war am Nordkap, stand im Winter mit Shorts in Portugal am Meer, hat die Bergkulissen der Alpen bestaunt. „Früher war alles stressfreier“, erzählt er. „Da sind wir mit dem Truck auf den Autozug gefahren und haben im Abteil zusammengesessen. Oder am Rastplatz.“ Heute hätten alle Lkw-Fahrer Zeitdruck. Das Gesellige bleibe oft auf der Strecke.
Natürlich hat er in seinem langen Berufsleben auch viele Unfälle gesehen. „Das macht nachdenklich.“ Von der Polizei wünscht er sich strengere Kontrollen, beispielsweise beim Missachten von Überholverboten. Manchmal muss er auch den Kopf schütteln. Vor ein paar Tagen kam ihm ein Sattelzug rückwärts auf dem Standstreifen entgegen. Offenbar hatte der Fahrer die Ausfahrt verpasst. MARTIN BECKER