Menschen wie ich lieben die Heimat nicht einfach nur, sondern brauchen sie. Der Aphorismus/Satz „Wer sich überall zu Hause fühlt, ist nirgends daheim“ beschreibt mein Bedürfnis nach heimatlichem Halt. Es ist gut zu spüren, dass man da, wo man ist, wirklich hingehört. Heimat ist, wo ich sein, mich entfalten darf und genau dadurch Raum auch für andere ist. Heimat – das ist Solidarität mit und Loyalität zu dem Ort und Land, aus dem man kommt.
Heimat zu haben bedeutet auch, eine kritisch-konstruktive Distanz einzunehmen, wo dies nötig ist. Eine wirkliche Heimat zu haben, eine räumliche und geistige, heißt intensive Auseinandersetzung. Man kann keine ehrliche Beziehung haben, auch nicht zum Vater- oder Mutterland, wenn man nicht um Harmonien und um Gegensätze weiß. Heimat, das ist wie in einer Partnerschaft Faszination und Erschrecken, Zustimmung und Empörung.
Immer aber muss der Wille da sein, das Ganze verantwortlich mitzugestalten. Heimat braucht Teilhabe und Anteilnahme – die Chance, das demokratische Mitreden verwirklichen zu können, zu spüren, dass es Sicherheit, Geborgenheit und Lebensperspektive gibt. Das setzt im Übrigen voraus, dass Politik und Wirtschaft, Kirche und Kultur, dass alle gesellschaftlichen Institutionen dafür sorgen, dass man sich auf sie verlassen kann.
Heimat symbolisiert die Idee, wie Leben miteinander sein kann und sein soll: solidarisch und zugleich individuell. Gemütlich, genussvoll und widerständig, aufmüpfig, wenn es um das Wohl des Ganzen geht. Traditionen müssen bewahrt bleiben, wo sie lebensdienlich sind. Aber man sollte sie immer wieder daraufhin überprüfen, ob sie den Menschen guttun, sie miteinschließen oder etwa ausgrenzen. Heimat ist wandelbar. Bei allen unverzichtbaren Bemühungen um eine irdische Heimat bleibt die biblische Einsicht, dass man auf Erden Fremdling ist und – je nach persönlichem Glauben, dermaleinst in einem himmlischen zu Hause aufgehoben ist. Bis dahin darf man sich neben der Arbeit für die Wohnlichkeit dieser Erde an der Beheimatung erfreuen, die einem geschenkt ist.
Heimat, sagt der Philosoph Ernst Bloch, ist „Ausdruck einer unerfüllten Hoffnung“. Also ich muss mindestens einmal im Jahr ins Inntal. Und nach Tirol, weil überall dort meine Seele ihre strapazierten Flügel entknittert. Und die Sehnsucht nach Zuhause ganz konkret erfüllt wird.