Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) bei der Pressekonferenz zum Schulstart. © Malin Wunderlich/dpa
Am Dienstag geht es wieder los, auch an Grundschulen, wo es 132 500 ABC-Schützen geben wird. © Matthias Balk/dpa
München – Vor dem Schulbeginn wächst an Bayerns Schulen die Sorge vor dem Lehrermangel. Grund ist das für den Doppelhaushalt 2026/27 von der Bayerischen Staatsregierung beschlossene Stellenmoratorium. Laut Haushaltsgesetz dürfen „für das Haushaltsjahr 2026 keine kostenwirksamen neuen Stellen vorgesehen“ werden. Für dieses Schuljahr konnte Kultusministerin Anna Stolz (FW) noch effektiv 1300 neue Stellen schaffen, für das nächste Schuljahr ist das keinesfalls sicher. Sie werde sich bei den anstehenden Haushaltsberatungen „mit aller Kraft“ einsetzen, versprach Stolz.
Der Stellenzuwachs sei notwendig, weil die Schülerzahl in Bayern wachse, erläuterte die Ministerin am Freitag bei einem Termin in der Münchner Grund- und Mittelschule an der Guardinistraße. Insgesamt 46 200 Schüler mehr als im vergangenen Schuljahr gibt es, die Schülerzahl beträgt jetzt 1,76 Millionen. 2026 werden erneut 25 000 mehr Schüler prognostiziert. Haupttreiber ist das G9: Im kommenden Schuljahr macht erstmals ein G9-Jahrgang Abitur, die Gymnasien haben ab jetzt neun Jahrgänge statt bisher acht und somit 30 000 Schüler mehr. Vereinzelt gibt es auch Klagen über Raumnot, etwa in Kempfenhausen und Kirchseeon.
Die weiteren Zuwächse entfallen auf Grund- und Mittelschulen (plus 13 900) und zu einem kleineren Teil auf die Realschulen (plus 2900). Dafür gibt es 4200 neue Lehrer – wenn man die Pensionierungen wegrechnet, bleiben aber nur effektiv 1300 neue Stellen. Laut Koalitionsvertrag sollen bis 2028 für die Schulen insgesamt 9000 neue Stellen geschaffen werden. Bisher sind nur 4100 geschaffen worden, hinter dem Rest steht ein großes Fragezeichen.
Lehrervertreter, etwa im Realschulverband, warnen: „Mit Blick auf die Personalsituation braut sich ein Sturm am Horizont zusammen.“Das sieht Stolz im Prinzip ähnlich: „Der Lehrermangel ist und bleibt an den meisten Schulen eine große Herausforderung.“ Etwas Spielraum verschafft die Bereitschaft einiger Lehrer, ihre Teilzeit aufzustocken – auf freiwilliger Basis. Zahlen dazu hat Stolz am Freitag nicht parat, aber sie will von Zwangsmaßnahmen wie der Abschaffung der familienpolitischen Teilzeit – dem Recht, bei einem Kind unter 18 Teilzeit zu nehmen – absehen.
Im kommenden Schuljahr will Stolz drei Schwerpunkte setzen: Sie will die Lehrerausbildung reformieren („Masterplan“), die Mittelschulen mit einem neuen Konzept stärken und neue Prüfungsformate genehmigen. Zu allen Schwerpunkten bleibt sie am Freitag aber vage. Zu den Prüfungen betont sie erneut, ein Verbot von Exen, wie in der Petition einer Gymnasiastin gefordert, werde es nicht geben. Jedoch könnten Schulen freiwillig darauf verzichten. Es werde künftig auch „projektorientierte Prüfungen“ geben. Mehr wird erst im Frühjahr in einem „Gesamtpaket“ verkündet.
Weitere Neuerungen: An elf Mittelschulen (unter anderem in Erding und München) soll es versuchsweise Alphabetisierungsklassen geben – für Kinder, die noch nie eine Schule besucht haben. Gleichfalls neu an Mittelschulen ist die Pflicht, eine NS-Gedenkstätte zu besuchen. Die Grünen fordern sogar ein Fach „Demokratie“.
An Grundschulen gilt das Prinzip „Nicht mehr als 20, mindestens 30“. Grundschüler sollen am Tag nicht mehr als 20 Minuten am Stück mit digitalen Geräten arbeiten, aber mindestens 30 Minuten am Tag sportliche Bewegung haben. Angesichts dieser Ankündigungen sorgt sich BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann um die Lehrer. Habe die Ministerin „eigentlich auch diejenigen im Blick, die alles gleichzeitig vor Ort umsetzen sollen?“ DIRK WALTER