In Prittlbach bei Dachau wird auf einem kleinen Feld Erdöl gefördert. Hier im Bild: Bernd Schäfer und Ernst Burgschwaiger von der ONEO GmbH. © Achim Frank Schmidt
Prittlbach – Leise surrt der stählerne Pferdekopf nach unten, schiebt ein Gestänge durch ein Loch in einer Metallplatte im Boden, um es wieder nach oben zu ziehen. Wir sehen eine Tiefpumpe, wie man sie von den Ölfeldern in Texas kennt. Doch keine Spur von USA, von „Dallas“-Bösewicht J. R. Ewing. Wir sind am Ortsrand von Prittlbach, einem kleinen Dorf bei Dachau, und besuchen zwischen Maisstauden und Gerstenähren das einzige aktive Ölfeld Oberbayerns.
Seit 1984 wird hier aus 1500 Metern Tiefe der Rohstoff gefördert, der zu Heizöl oder Benzin weiterverarbeitet wird und auch als Ausgangsmaterial für die chemische Industrie dient. „Wir haben das Ölfeld Prittlbach 2020 von der Wintershall Dea übernommen“, sagt Ernst Burgschwaiger, Leiter der Geschäftsentwicklung der ONEO GmbH & Co. KG in Hannover. Die Gesellschaft ist auf die Weiterentwicklung von Öl- und Gasförderstätten spezialisiert.
Fester Händedruck am Bürocontainer am Tor. „Willkommen in Prittlbach!“ Bernd Schäfer ist der technische Leiter der Ölförderanlagen der ONEO in Bayern. Das Unternehmen fördert auch in Landau (Pfalz), Schwabmünchen und Großaitingen (beides bei Augsburg) Erdöl. „Die Tiefenpumpe macht sechseinhalb Pumpschläge pro Minute, jedes Mal fördert sie zweieinhalb Liter“, erklärt Schäfer uns. „So kommen rund 2500 Tonnen Rohöl im Jahr zusammen.“ Besonders an Prittlbach: „Wir haben hier einen Reinölgehalt von 45 Prozent und 55 Prozent Wasser“, so Burgschwaiger. Zum Vergleich: Die Ölfelder in Schwaben liefern zwar das Zehnfache an Flüssigkeit, doch ihr Reinölgehalt beträgt nur sieben Prozent.
Woher das Öl kommt? „Vor 25 Millionen Jahren lag zwischen den sich auffaltenden Alpen und dem damaligen Festland in Nordbayern und Böhmen ein Meer, in dem sich tote Fische und andere Tiere am Grund ablagerten“, erklärt Burgschwaiger. „Dieses Meer wurde von Sand, Lehm und Kies allmählich verschüttet. Das organische Material sank in die Tiefe und wurde stark erhitzt, so entstand der Fischschiefer.“ Das Öl wanderte in den Sandstein direkt darüber, aus dem es heute gefördert wird.
Das Öl-Wassergemisch in Prittlbach wird in einen Edelstahltank gepumpt. „Wir erwärmen die Leitungen und den Tank auf 45 Grad, damit das Gemisch fließt“, erklärt uns Schäfer. Das Prittlbacher Rohöl enthält viel Paraffin, das etwa für die Herstellung von Kerzen verwendet wird, kalt aber recht zäh ist. „Im Tank setzt sich das Wasser unten ab, es wird wieder in die Schicht gepumpt, wo es herkommt.“ Oben setzt sich etwas Erdgas ab, das vor Ort für das Heizen der Anlage verwendet wird.
Zwei- bis dreimal pro Woche holt ein Tanklaster das Rohöl ab und fährt es in die Raffinerie. Man riecht nichts. Unter der blitzblanken Betonplatte, auf der die Förderanlage steht, befindet sich eine Wanne, die bei einem Unfall auslaufendes Öl auffangen könnte.
Wie lange das Ölfeld noch genutzt wird, ist unklar. „Bis auf Weiteres ist es ergiebig“, so Burgschwaiger. Die Ölförderung ist für ONEO ohnehin ein Auslaufmodell. „Unser Ziel ist es, die Lagerstätten nach der Ausbeutung für die Gewinnung von Geothermie weiterzuentwickeln.“ Denn unter dem Ölschiefer liegen Thermalwasservorkommen. „Wir können die bestehenden Bohrlöcher nutzen oder 400 Meter weiterbohren, um das Thermalwasser zu erreichen.“
Bei Landau und Ampfing laufen bereits Projekte, um Nachbarstädte mit Geothermie zu versorgen. Burgschwaiger sagt: „Das letzte Öl, das wir fördern, finanziert unseren Beitrag zur Energiewende.“