Seit 2010 sitzen Patrick Lindner und sein Ehemann Peter Schäfer in einem Boot. © ABR-Pictures
München – Er war der Schwarm von Millionen Frauen, der Traum aller Schwiegermütter – SchlagersängerPatrick Lindner. Nahbar, alles andere als arrogant – und im Fernsehen bald ein Superstar, seit er 1989 mit dem Lied „Die kloane Tür zum Paradies“ den zweiten Platz beim Grand Prix der Volksmusik belegte. Ein Publikumsliebling fürwahr.
Bis zu jenem Tag im April 1999, als die „Bild“ seine Homosexualität an die Öffentlichkeit zerrte – mit einem Interview, das er nie gegeben hatte. Es war einer der schwärzesten Tage im Leben des TV-Stars. „Du fühlst dich wie ein Lügner, der den Leuten was vorgemacht hat; du fällst vom zehnten Stockwerk auf den Boden und liegst da“, schildert er seine Verzweiflung in den neuen BR-Lebenslinien, die am Montagabend ausgestrahlt werden. Die Plattenverkäufe gingen zurück, Engagements blieben aus und viele Frauenherzen waren maßlos enttäuscht. Denn vor 25 Jahren war Schwulsein noch keine Selbstverständlichkeit.
Es hat Jahre gedauert, bis Patrick Lindner wieder an seine Erfolge anknüpfen konnte. Als er sich einigermaßen erholt hatte, der nächste Tiefschlag: 2003 wird er wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Er versteht die Welt nicht mehr, weiß nur, dass er sich selbst nie darum gekümmert hatte und alles anderen überlassen hatte – er wollte ja nur auf der Bühne stehen; da, wo er sich wirklich frei fühlte und ein anderer Mensch war. Und genau das vermittelt dieser TV-Beitrag: Patrick Lindner, der als Friedrich Günther Raab in einfachste Verhältnisse in Sendling hineingeboren wurde, war ein schüchterner, sensibler Mensch, der ziemlich arglos ins Showgeschäft geraten war, allein von der Sehnsucht getragen, Musik zu leben und jemand anderes zu sein, als vorgesehen war.
Der Vater war unberechenbar und unbarmherzig, Schläge an der Tagesordnung. Die Mutter versuchte alles wettzumachen – mit Arbeit für zwei und großer Liebe für ihren Sohn. Als sich der im Teenageralter seinen Eltern offenbart, wird er zum Arzt geschickt und bleibt einsam in seiner sexuellen Bestimmung. Für den Vater ein Versager. Selbst als Patrick Lindner via Fernsehen in die Wohnzimmer kam, blieb der Papa ungnädig: „Du hast eine Stimme wie eine verrostete Gießkanne!“ Umso mehr packte Patrick Lindner der Ehrgeiz. Ja, er war viel mehr als ein guter Koch im Hotel Bayerischer Hof; er war ein Sänger, ein Star!
In Patrick Lindner lebte aber auch die Sehnsucht nach einer Familie. Mit seinem damaligen Partner und Manager Michael Link adoptiert er 1998 Daniel, ein russisches Waisenkind, acht Monate alt. 2005 trennten sich die beiden endgültig – nach großen Konflikten, die Lindner nur schwer aushält. Allein die Mutter hilft durch die schwere Zeit. Sie ist sein größter Fan, bis sie an Demenz erkrankt und 2016 stirbt. „Es gab keinen anderen Menschen, dem ich so vertrauen konnte.“
2010 lernte Patrick Lindner Peter Schäfer kennen. Es war sofort Liebe! 2020 heiraten sie. „Wir sind angekommen!“, formuliert Schäfer ihr gemeinsames Glück. Er managt Patrick auch, hält alles Ungemach von ihm fern, so kann er sich entfalten und nur er selbst sein: Fritz Raab, Patrick Lindner, ein Vater und Ehemann, immer noch gern Hobby-Koch und nicht zuletzt, einfach ein bezaubernder Mensch für Millionen. Am 27. September feiert er 65. Geburtstag im Weinzelt. Klar, dass er da für alle singt! ULRIKE SCHMIDT