München – Ein knappes halbes Jahr vor der bayerischen Kommunalwahl am 8. März 2026 schlägt der Bayerische Gemeindetag Alarm. Es gebe in vielen Kommunen nicht genügend Bewerber für Gemeinde-, Stadt- und Kreistag. Gemeindetags-Präsident Uwe Brandl (CSU) findet drastische Worte: „Die Menschen haben schlicht keinen Bock mehr, den Mangel zu verwalten.“ Er sei jetzt seit 23 Jahren Präsident. „Aber so habe ich das noch nicht erlebt.“
Der Gemeindetag ist die Interessenvertretung der bayerischen Städte und Gemeinden. Rund 39 000 Mandate in den Kommunalparlamenten sind zu vergeben, zudem werden in einem Großteil der 2056 Kommunen und 71 Landkreise Bürgermeister und Landräte gewählt. Vereinzelt fallen jetzt schon Stellenanzeigen auf, in denen die Parteien vor Ort nach Bewerbern fahnden, etwa in Hebertshausen (Kreis Dachau), wo die SPD so einen Bürgermeister-Kandidaten sucht, oder in Oberstdorf, wo die Freien Wähler per Annonce einen Aspiranten für den Chefsessel im Rathaus finden wollen. Es gebe wirklich viele Anrufe beim Gemeindetag, in denen nach Rat und Tat bei der Kandidatensuche gefragt werde. Auffallend sei auch der Mangel an Frauen. „Die Bereitschaft der weiblichen Kandidatinnen ist noch mal geringer als bei den vergangenen Wahlen“, sagt Brandl. Er warnt auch vor der AfD und prophezeite: Überall dort, wo die AfD antritt, werde „mindestens einer reingewählt“. Und: „Wenn‘s blöd läuft, läuft‘s wie in NRW.“ Dort kam die Partei im Schnitt auf 14,5 Prozent.
Hauptursache ist für ihn ist finanzielle Misere der Kommunen, die kaum Möglichkeiten für Gestaltung vor Ort lasse. So haben sich die Schulden aller kommunalen Ebenen – Bezirke, Landkreise, Städte und Gemeinden – von 2023 (2,5 Milliarden Euro Minus) mittlerweile mehr als verdoppelt (5,3 Milliarden). Die Ausgaben, vor allem die Sozialausgaben, seien „überbordend“. Der Freistaat habe falsche Akzente gesetzt. So sei die einkommensunabhängige Bezuschussung von Kita-Beiträgen (100 Euro je Kind) ein „Sündenfall“.
Von dem Sondervermögen des Bundes erwartet Brandl keine große Entlastung. Zwar werde es 100 Milliarden Euro verteilt auf zehn Jahre für die Länder geben. Doch bestehe die Gefahr, dass dieses Geld nicht unmittelbar an die Kommunen weitergegeben werde. 70 Prozent der Summe verlangt Brandl. Der Freistaat werde indes bestehendn Förderprogramme pampern – bis dieses Geld bei den Kommunen lande, vergehe viel Zeit.
Zudem kündigte Brandl an, das Gesetz zum Wassercent genau zu prüfen. Ab Juli 2026 soll er für alle Privathaushalte gelten – zehn Cent pro Kubikmeter werden fällig. Landwirte und Gewerbebetriebe haben jedoch eine große Freimenge (5000 Kubikmeter). Brandl nennt das „Klientelpolitik des kleineren Koalitionspartners“ (also der Freien Wähler) und eine „himmelschreiende Ungerechtigkeit“. Er denke an einen „Musterprozess“. Falls der Gemeindetag nicht selber klageberechtigt sei, werde man einen Klageberechtigten unterstützen. DIRK WALTER