Der Fächer ist zurück

von Redaktion

Vom Statussymbol zum Accessoire – nicht nur auf der Wiesn

Voll im Trend: Vivian Wagner mit ihrer Fächer-Kollektion.

Taufkirchen/München – Eine lockere Bewegung aus dem Handgelenk, zack – das Schwitzen ist vorbei. Vivian Wagner kann nicht mal schätzen, wie oft sie diesen Sommer einen ihrer Fächer aufgeschüttelt hat. Er war ihr ständiger Begleiter. Hatte sie vergangenes Jahr noch nicht kommen sehen. Die 34-Jährige aus Taufkirchen im Kreis München betreibt den Online-Shop „by Vivi“. Sie verkauft Accessoires, von der Brosche bis zur Haarspange. Einige Kunden fragten immer wieder nach Fächern. Also startete sie vergangenes Jahr einen Versuch. „Zu einer Messe im Januar bin ich mit Fächern in neun Designs gefahren“, erinnert sie sich. Ihre erste Kollektion war innerhalb kürzester Zeit komplett ausverkauft. Mitten im Winter.

Inzwischen bietet sie in ihrem Shop 35 verschiedene Fächer-Motive an – allerdings sind etliche nach dem heißen Sommer ausverkauft. „Ich habe dieses Jahr sicher über 30 000 Fächer verkauft“, sagt Wagner. 12 000 hat sie noch im Lager. Und sie macht sich kein bisschen Sorgen, dass das bis zum Winter auch noch leer wird. Schließlich läuft jetzt die Wiesn. Und Vivian Wagner ist so was von vorbereitet.

Denn sie hat in ihrer Fächer-Kollektion auch zahlreiche bayerische Motive, von der Breze bis zum Dackel. „Ich bin selbst ein Münchner Kindl“, sagt sie. So kamen ihr die bayerischen Ideen quasi von ganz allein. Aber auch andere Fächer werden dieses Jahr in den Bierzelten auf der Theresienwiese zu sehen sein. Am Auftaktwochenende wurde dank hochsommerlicher Temperaturen schon überall fleißig gewedelt.

Der Fächer ist zurückgekehrt. Ins Leben der Münchner Wirtin Silja Steinberg sogar schon vor einigen Jahren. Ihr Hofbräukeller liegt bekanntlich am Wiener Platz. Dort herrscht im Hochsommer ein Flair wie in Bella Italia, auch temperaturmäßig. Im Biergarten spenden zwar hohe Bäume wertvollen Schatten. „Aber ich habe immer wieder beobachtet, wie Gäste Speisekarten zum Fächer umfunktioniert haben, um sich kühle Luft ins Gesicht zu wedeln“, erzählt Steinberg. „Danach schauen die Karten leider immer recht mitgenommen aus.“

Inzwischen verteilt die Wirtin höchstpersönlich die „Klimaanlage auf die Hand“: „Das Leben ist schön!“ steht auf den eigens für den Hofbräukeller georderten Fächern. Endlich mal ein echt nützliches Werbegeschenk, das selbstverständlich auch wieder in Steinbergs Hofbräu-Festzelt – mit 10 000 Plätzen die größte Bierburg auf der Wiesn – für die kühle Brise um die Nase sorgt.

Im Nachhinein wundert sich Vivian Wagner gar nicht so sehr, dass Fächer wieder so gefragt sind. „Schließlich werden die Sommer immer heißer“, sagt sie. Viele ihrer Kundinnen haben ihr auch berichtet, dass die Fächer gerade in den Wechseljahren hilfreiche Begleiter sind, um gegen plötzliche Hitzewallungen anzukommen. Und dann sind sie einfach ein schönes modisches Accessoire. Die 34-Jährige hat bewusst Fächermodelle für ihren Shop gewählt, die sich mit einer lockeren Bewegung aus dem Handgelenk leicht aufschütteln lassen. Wie im Film. „In meinem Team beherrschen das alle längst“, sagt sie und schmunzelt. Sogar ihre sechsjährige Tochter. Die hat natürlich auch immer einen Fächer dabei.

Fürs kommende Jahr hat Vivian Wagner in ihrem Notizbuch schon wieder neue Ideen für Fächer gesammelt. Es wird zum Beispiel ein pinkes Exemplar mit der Aufschrift „Fuck off“ geben. „Einige meiner Kunden haben sich noch etwas frechere Fächer gewünscht.“ Im Januar bringt sie 50 neue Designs heraus, im März noch mal zehn. Bis zur nächsten Hitzewelle muss der Shop mit neuen Ideen befüllt sein – und die gefragten alten Designs nachproduziert werden. Als Fächer-Designerin hat sie also das ganze Jahr über viel zu tun. Ins Schwitzen kommt sie dabei nicht – und selbst wenn, sie hat ja zum Glück genug Fächer. KATRIN WOITSCH CORNELIA SCHRAMM

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