Braucht‘s das Handy-Verbot?

von Redaktion

Nach Söder-Vorstoß: Schulleiter berichten aus ihrem Alltag

Ein Handy-Hotel gibt es zum Beispiel am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Garching (Kreis München). © Robert Haas/pa

Immer griffbereit: Viele Schüler verbringen ihre Pause lieber am Handy statt mit ihren Mitschülern. © MAX SLOVENCIK/pa

München – Wenn es um die Smartphone-Nutzung in der Schule geht, hat Gerald Faißt eine klare Meinung: „In der Schule sollte für Kinder der soziale Umgang mit den Mitschülern im Vordergrund stehen – und nicht das Handy“, sagt der 52-Jährige. Er leitet die Walter-Klingenbeck-Realschule in Taufkirchen im Landkreis München. Deshalb begrüßt er die Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder, Handys in Bayerns Schulen bis zur siebten Klasse komplett zu verbieten. Das hatte Söder am Dienstag bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz verkündet.

Bisher dürfen weiterführende Schulen die Regeln für die Handynutzung während der Schulzeit selbst bestimmen. Ein striktes Verbot – das aktuell nur an Grundschulen gilt – hatten CSU und Freie Wähler vor drei Jahren nach Diskussionen mit Eltern-, Lehrer- und Schülerverbänden gelockert. Jetzt soll das Verbot wiederkommen – allerdings nur für die private Handynutzung und nicht den pädagogischen Einsatz des Mobilgeräts im Unterricht. Genauere Vorgaben dazu, wie Schulen das Handyverbot umsetzen sollen, machte Söder nicht.

Faißt handhabt es an seiner Schule so: Schülerinnen und Schüler dürfen ihr Handy außer in der Mittagspause, die 45 Minuten dauert, nicht verwenden. Auch in der Pause am Vormittag nicht. Eingesammelt werden die Geräte bisher nicht – das wäre bei über 900 Schülern ein recht großer Aufwand, sagt der Rektor. Die Schüler sollen das Handy ausgeschaltet in der Tasche lassen. Wenn sie es doch benutzen, wird es von einer Lehrkraft eingesammelt und ins Sekretariat gebracht. Dann werden die Eltern benachrichtigt – erst danach gibt‘s das Handy zurück.

Dass Handys eingesammelt werden, kommt jeden Tag vor, erzählt Faißt. „Am besten wäre es, wenn die Schüler gar keins dabeihätten“, sagt er. „Aber das ist utopisch.“ Er findet: Das Handyverbot ist eine „pädagogische Maßnahme“. Sie soll den Schülern helfen, ihre Bildschirmzeit zu reduzieren, und den Umgang miteinander fördern. Die meisten Eltern unterstützen die Maßnahme, sagt Faißt. Er überlegt gerade, eine Sammelstelle einzurichten, an der die Schüler ihre Handys zu Schulbeginn abgeben müssen.

So handhabt es Gudrun Tischner-Remington bereits seit vergangenem Schuljahr. Sie leitet die Samuel-Heinicke-Realschule des Augustinums in München. Ein Schüler habe ihr gesagt: „Es ist zwar echt scheiße, aber besser so“. Tischner-Remington beobachtet, dass der Handy-Entzug positive Auswirkungen auf ihre Schüler hat: „Sie sind entlastet und reden mehr miteinander“. Außerdem helfe es, dass niemand auf sein Gerät schauen könne, weil alle weggesperrt sind.

Letizia Menzel (19) von der städtischen Schülervertretung München und Magdalena Diankov (18), Landesschülersprecherin der Gymnasien, sehen ein pauschales Handyverbot kritisch. Die Schülervertreterinnen kritisieren, dass der Erlass „einfach so von oben herab kommt“. „Man lässt sich leichter auf Regeln ein, wenn man mitbestimmen darf“, sagt Menzel. Dass Schüler während des Unterrichts nicht am Handy sein sollten, finden beide aber grundsätzlich richtig. „Das ist auch eine Frage des Respekts“, sagt Diankov.

Beide wissen, dass sich nicht alle daran halten. Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme seien bei vielen Schülern definitiv vorhanden, bestätigt Diankov. Sie spricht sich im Namen der bayerischen Oberstufenschüler aber dafür aus, statt eines generellen Verbotes auf Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler zu setzen und in den Dialog mit ihnen zu gehen. Außerdem sollten Schüler in der Schule besser lernen, wie sie mit Medien und dem Smartphone richtig umgehen – dann wäre ein Verbot vielleicht gar nicht nötig, findet Diankov. LEA SCHÜTZ

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