Fachkräfte-Mangel in der Kita

von Redaktion

Bayern hat niedrigste Quote – Ministerin kritisiert Studie

Eine Erzieherin malt in der Kita mit einem Mädchen. Weil in Bayern viele Kinderpfleger eingesetzt werden, ist hier die Fachkraft-Quote besonders niedrig. © Malte Ossowski/pa

München/Gütersloh – In den Kitas in Bayern arbeiten so wenige Fachkräfte wie in keinem anderen Bundesland. Mit 54,5 Prozent hat der Freistaat wie in den Vorjahren mit Abstand die niedrigste Fachkraftquote bundesweit. Zum Vergleich: Der deutschlandweite Schnitt beträgt 72 Prozent. In Ostdeutschland sind es knapp 87 Prozent, beim Spitzenreiter Thüringen gar mehr als 94 Prozent. Dies geht aus einer Auswertung der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh hervor.

Demnach verzeichneten zum Stichtag 1. März 2024 nur 3,6 Prozent der rund 9500 bayerischen Kitas (ohne Horte) eine hohe Fachkraftquote von mindestens 82,5 Prozent. Bei einem knappen Drittel (31,5 Prozent) der Kitas ist hingegen nicht einmal die Hälfte des Personals eine Fachkraft. Die Mehrheit der Kitas (55,2 Prozent) beschäftigt zu 50 bis 70 Prozent Profis.

Die Folgen wirken sich bis auf Kreisebene aus: Die zehn Kreise mit dem bundesweit niedrigsten Anteil an Fachkräften sind den Daten zufolge allesamt in Bayern zu finden. Den letzten Platz belegt der Landkreis Augsburg, wo der Anteil von Kitas mit einer hohen Fachkraft-Quote nur 2,3 Prozent beträgt.

Da sich die Regelungen der Bundesländer, welche Berufsabschlüsse oder Qualifizierungswege für die Tätigkeit als pädagogische Fachkraft anerkannt werden, sehr unterscheiden, haben sich die Studienautorinnen auf die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik gestützt. Diese erfasst, wie viele pädagogisch tätige Personen in den Kitas mindestens einen fachlich einschlägigen Fachschulabschluss vorweisen. Eine Erzieherin zählt daher dazu, ein Kinderpfleger jedoch nicht. In Bayern arbeiten aber verhältnismäßig viele Kinderpflegekräfte in den Kitas – und immer öfter auch Quereinsteiger.

Der Einsatz von Menschen mit geringer pädagogischer oder gar fachfremder Qualifikation führe jedoch zu einer De-Professionalisierung des Berufsfeldes, betonen die Studienautorinnen. „Die Gefahr liegt in einer schleichenden Normalisierung von geringeren professionellen Standards – mit weitreichenden Konsequenzen für die Kinder, das Berufsfeld, die pädagogische Qualität und die gesellschaftliche Anerkennung frühkindlicher Bildung.“

Es gebe erste Hinweise, dass die Entwicklung bereits konkrete Auswirkungen auf die Qualität der pädagogischen Arbeit und damit auch auf die kindliche Entwicklung habe. Geschuldet sei die Entwicklung zum großen Teil dem Kostendruck, weil Mitarbeitende mit niedrigerer Qualifikation die Träger weniger kosteten. Hinzu komme der Personalmangel, dem durch die Ausweitung des Fachkraftbegriffs auf Menschen anderer Berufsfelder leichter begegnet werden könne, hieß es.

Deutliche Kritik kam von Verdi. Die Belastung der Beschäftigten in den Einrichtungen sei enorm, weil oft zu wenige für zu viele Kinder verantwortlich seien, sagte die Vorsitzende des bayerischen Verdi-Vorstands Erziehung, Bildung, Soziale Arbeit, Martina Meyer. Auch von den Landtags-Grünen kam Kritik: „Wir haben es hier mit echtem Regierungsversagen der CSU zu tun“, sagte der Abgeordnete Johannes Becher. „Kinder brauchen einen hochwertigen Kitaplatz und das Kita-Personal braucht gut qualifizierte Kolleginnen und Kollegen. Kitas sind Bildungseinrichtungen und keine Aufbewahrungsstelle!“

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) hingegen kritisierte den Ansatz der Studie: „Es werden Äpfel mit Birnen verglichen – das ist nicht fair gegenüber dem Kita-Personal. Ihre Arbeit wird infrage gestellt – das ärgert mich maßlos.“ Scharf ist der Meinung: „Individuelle Vorgaben der Bundesländer in einen Topf zu werfen und versuchen zu vergleichen, schafft extrem unterschiedliche Ergebnisse, die polarisieren. Das stiftet Unfrieden und Unsicherheit. Das ist so einfach nicht in Ordnung.“DPA/MM

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