Als Bayerns Bürger aufbegehrten

von Redaktion

Vor 30 Jahren: Votum für mehr Mitsprache

Stimmte mit ab: Münchens damaliger OB Christian Ude mit Frau Edith beim Volksbegehren von 1995. © Egginger/pa

München – Es war eine bittere Niederlage für die damals allein regierende CSU, die noch tausendfache Folgen haben sollte: Vor 30 Jahren, am 1. Oktober 1995, stimmten die bayerischen Bürgerinnen und Bürger in einem landesweiten Volksentscheid für die Einführung kommunaler Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Seit dem 1. November 1995 gibt es das Instrument – das inzwischen einige tausend Mal angewendet wurde: Mehr als 3700 Bürgerbegehren zählte der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ seither. Und mehr als 2300 Mal gab es demnach einen Bürgerentscheid.

Mit einem Bürgerbegehren können Bürger in einer Gemeinde oder in einem Landkreis einen Bürgerentscheid zu einem Thema vor Ort beantragen. Dafür ist eine bestimmte Zahl von Unterschriften nötig. Wird diese Hürde genommen und ist das Bürgerbegehren zulässig, kommt es zu einem Bürgerentscheid. Dabei entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen – es ist aber, wieder je nach Größe der Kommune, eine bestimmte Mindestbeteiligung (Quorum) nötig. Ein Bürgerentscheid wirkt rechtlich wie ein Beschluss eines Gemeinderats oder Kreistags. Ein Jahr lang kann dieser grundsätzlich nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden. Danach bleibt aber auch eine Art politische Bindungswirkung.

Tatsächlich finden sich schon in der Bayerischen Verfassung Instrumente direkter Bürgerbeteiligung: Volksbegehren und Volksentscheide. Genau auf diesem Wege wurde auch das Instrument der Bürgerbegehren und -entscheide eingeführt. Die CSU hatte in ihrem Gegenentwurf damals deutlich höhere Hürden für Bürgerentscheide vorgesehen – scheiterte aber damit. Der damalige CSU-Generalsekretär Bernd Protzner räumte die Niederlage ein: „Die Absichten der Bürgerinitiative werden die Kommunalpolitik enorm erschweren. Sie können den Standort Bayern in erhebliche Bedrängnis bringen“, warnte er am Tag danach. Der Initiator der Bürgeraktion, der Allgäuer Thomas Mayer, feierte das Ergebnis dagegen als „Riesenerfolg für die Demokratie“. Die Initiative war auch von SPD, Grünen und FDP unterstützt worden.

Und die Bilanz heute? Der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ hat mitgezählt: Demnach wurden seit 1995 genau 3739 Bürgerbegehren gestartet. Mehr als 2300 Mal sei es zu einem Bürgerentscheid gekommen. In München beispielsweise wurde per Bürgerentscheid der Bau eines neuen Stadions im Norden der Stadt beschlossen – das ist die heutige Allianz Arena. In anderen Bürgerentscheiden lehnten die Münchner den Bau von Gebäuden mit mehr als 100 Metern Höhe oder eine dritte Flughafen-Startbahn ab. In Erinnerung ist auch noch das Nein zu einer Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 – dazu gab es Bürgerentscheide in München, Garmisch-Partenkirchen und den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land. Mit Spannung erwartet wird am 26. Oktober das Votum der Münchner Bürger – wieder zur Frage einer Olympia-Bewerbung, diesmal um Sommerspiele. DPA

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