„Idee gut, Umsetzung schwer“

von Redaktion

Neue Bewegungs-Halbestunde: Hüpf-Erlass an Grundschulen

Maskottchen Timi soll zur Bewegung animieren. © Bay. KM

Altbewährtes hält wieder Einzug: zwei Drittklässlerinnen in München beim Gummitwist. © dw

München – Riesenwirbel gestern Vormittag in der Grundschule am Amphionpark in München-Moosach. Hundert Grundschüler mit weißen T-Shirts hocken auf dem Boden der Schul-Aula, warten ungeduldig, dass es losgeht. Und dann geht es los: Tiger Timi kommt – und mit ihm viele Erwachsene mit Anzügen und Hosenanzügen, die die Kinder umringen. Beamte aus Schulämtern und Ministerien wollen sehen, wie Tiger Timi, das Maskottchen, die neue Bewegungs-Halbestunde offiziell startet. „Ihr sollt euch ab jetzt 30 Minuten am Tag bewegen“, ruft die Moderatorin der sogenannten Kick-off-Veranstaltung ins Mikro. „Wie findet ihr das?“ „Gut“, johlen die Kinder. Und dann geht es los, mit Tanzen, Ballspielen und Hüpfen.

Ab sofort ist tägliches Hüpfen Pflicht – nicht nur in den Schulstunden

Die Bewegungs-Halbestunde ist eine neue Verfügung aus dem Hause Söder. Ab sofort ist täglicher Sport ein Muss, nicht nur in den beiden wöchentlichen Schulstunden, die es laut Stundenplan bayernweit geben muss. In der Schule am Amphionpark ist es sogar ein bisschen mehr, sagt Schulleiterin Sabine Beham. Die Schule verfügt über ein eigenes Schulschwimmbad, daher gibt es für die 3. und 4. Klassen noch eine Schwimmstunde „on top“. Hauptproblem der Schüler sei „zu viel Handy“, da sei Sport schon gut.

Der Ministerpräsident schaut sich höchstselbst in der Schule um, ist für eine Dreiviertelstunde der Star des Vormittags. Die Direktive lautet, dass die Grundschüler künftig über den Tag verteilt täglich eine halbe Stunde sportähnliche Übungen machen sollen. „Einfach am Tag ein bisschen Durchlüften“, sagt Markus Söder. Er mache selbst auch „so viel Sport wie möglich“, fügt er noch vielsagend an. Auch Kultusministerin Anna Stolz ist gekommen. Sie halte sich mit Yoga und Joggen fit, sagt sie.

Zunächst einmal erhalten die Schulen in Bayern viel Material, unter anderem ein Ideenpaket mit mehreren hunderten verschiedenen Sport-Übungen. Für die Klassen gibt es Wandkalender, in die sie ihre Sporteinheiten eintragen können. Lehrer und Lehrerinnen sollen sich in das von der Uni Bamberg entworfene Konzept „LeBe“ vertiefen – „Lernen durch Bewegung“. Idealerweise verbindet sich Sport und Unterricht. Beispiel aus dem Fach Deutsch: Die Schüler stellen sich hinter den Stuhl. Beim Kommando „schnell“ hüpfen sie einmal, bei „schneller“ zwei- und bei „am schnellsten“ drei Mal – dadurch lernen sie die Steigerung von Adjektiven. So weit die Theorie.

Ob das in der Praxis immer durchführbar ist? Am Rande der Aula stehen die Lehrerinnen. „Idee gut, Umsetzung im Alltag schwer“, sagt eine. Sie achte schon jetzt auf viel Bewegung, gerade Grundschüler seien ja etwas zappelig. Aber die Klassenzimmer sind meist zu eng, um sich richtig zu bewegen. Im Flur geht es auch nicht, da stört man die anderen Klassen. Also muss man für die Bewegungs-Halbestunde in die Aula. Wenn der Raum weiter entfernt ist, kostet das Zeit, vor allem dann, wenn die Schüler mehrmals am Tag hingeführt werden müssen.

Denn die Bewegungs-Halbestunde soll nicht an einem Stück durchgeführt werden, erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums, vielmehr in mehreren Einheiten. Zumindest ist das die theoretische Vorgabe.DIRK WALTER

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