Walchensee-Fischer Lorenz Bär. © Bernd Ritschel (2)
Hier wird Wasser gesammelt: Felix Neureuther und Hüttenwirt Daniel Peyerl auf dem Dach des Reichenhaller Hauses.
Das Autoren-Team an der Isar: Bernd Ritschel, Christian Neureuther, Felix Neureuther und Michael Ruhland. © Breiteneicher/Abr-pictures
München – Wasser ist unser Überlebenselixier. Wäre es nicht da, gäbe es kein Leben. So einfach und so drastisch. In Deutschland muss man zum Glück nur den Hahn aufdrehen und schon fließt es. Aber woher kommt das Wasser? Wo ist es knapp? Wo drohen Probleme? Mit diesen und einer Menge anderer Fragen beschäftigt sich das bildgewaltige Buch „Das Wasser der Alpen“ (49,99 Euro) von Fotograf Bernd Ritschel und Schreiber Michael Ruhland, das jetzt im Alpinen Museum in München vorgestellt wurde. Co-Autoren des Werks sind die ehemaligen Ski-Profis Christian (76) und Felix Neureuther (41).
Für Christian Neureuther war das Projekt eine „Herzensangelegenheit“. In seiner Jugend habe er Wasser als etwas „Selbstverständliches“ wahrgenommen. Doch die Zeiten haben sich geändert. „Die Gletscher werden kleiner. Quellen versiegen“, so Neureuther. „Unsere Berge sind einzigartig. Wir müssen sie schützen.“ Gemeinsam mit Sohn Felix machte er sich unter anderem auf in die Partnachklamm. Zudem trafen sie zwei bayerische Protagonisten. Der eine, Walchensee-Fischer Lorenz Bär (24), arbeitet auf dem Wasser. Der andere, Daniel Peyerl (41), Wirt des Reichenhaller Haus, hat fast nichts davon.
Lorenz Bärs Arbeitstag beginnt früh. Gegen 5.30 Uhr fährt er hinaus auf den bis zu 190 Meter tiefen Walchensee, der mit seiner Fläche von 16,4 Quadratkilometern einer der größten Alpenseen Bayerns ist. Einziger berufsmäßiger Mitstreiter ist Kilian Böhm. Drei Zwölftel des Sees darf Lorenz befischen, zwei Zwölftel der Kollege. Die Rest-Rechte liegen beim Energieversorgungsunternehmen Uniper, das das Walchenseekraftwerk betreibt. Oft hat Bär, ein Neffe zweiten Grades von Christian Neureuther, nicht viel Ertrag, seine eigentliche Haupteinnahme-Quelle ist eine Fischzucht. Dennoch will er weitermachen. „Wenn ich draußen bin, spüre ich die Stille und habe meine Ruhe. Sobald ich zurückkomme, geht der Stress los“, so der 24-Jährige.
Momente der Ruhe gibt es auch im Leben von Daniel Peyerl, besonders dann, wenn die Tagesgäste das Reichenhaller Haus (erbaut 1908, Seehöhe 1750 Meter) am Hochstaufen in den Chiemgauer Alpen verlassen haben. Wasser bekommt Peyerl nur durch den Regen, der in Tanks gefiltert und mit UV-Strahlen keimfrei gemacht wird. Aber der Regen wird aufgrund des Klimawandels immer seltener. Rund 4800 Liter hat er pro Woche zur Verfügung. Ein herkömmlicher Duschkopf verbraucht etwa 12 bis 15 Liter pro Minute. Und wenn es sehr wenig regnet? „Dann gibt es nur noch Würstl auf Pappteller“, erzählt Peyerl. Bei Felix Neureuther wirkt der Besuch heute noch nach. „Wir müssen mit unseren Ressourcen schonender umgehen“, so der 41-Jährige. „Daniel hat ausgerechnet, dass eine Klospülung bei ihm eigentlich fünf Euro kosten müsste. Das fand ich beeindruckend.“
Beeindruckend sind auch die vielen, vielen Bilder, die Bernd Ritschel an seinen 140 Fototagen in zweieinhalb Jahren geschossen hat. „Ich bin oft total glücklich und oft total frustriert nach Hause gekommen“, sagt der Bergexperte. „Das war das emotionalste Projekt, das ich bisher gemacht habe.“ Dazu muss man wissen: Der Mann fotografiert die Bergwelt seit 30 Jahren und hat bereits rund 40 Bücher veröffentlicht.
Auch Michael Ruhland ist nicht neu im Geschäft, es ist das dritte Buch, das er mit den Neureuthers auf den Markt bringt. „In den Alpen gibt es an manchen Stellen ein Mehr und an anderen ein Weniger an Wasser. Das ist ein Problem“, so der frühere Chefredakteur des Magazins „Bergsteiger“. Für ihn ist das 286 Seiten lange Werk trotzdem keine „Apokalypse“, sondern ein „positives Buch“.
So sieht es auch Christian Neureuther. Sein leidenschaftliches Schlusswort: „Das Leben geht immer weiter. Selbst wenn man einen geliebten Menschen verliert, muss man nach vorne schauen. Rosi und ich haben unsere Werte an unsere Kinder weitergegeben und die geben sie nun an ihre Kinder weiter. Wenn wir Menschen aufgeben, sind wir verloren.“MATHIAS MÜLLER
Das Buch
„Das Wasser der Alpen“, NG Buchverlag, 288 Seiten, 49,99 Euro