ERNTEDANK

Ein Apfel für Allergiker

von Redaktion

Neue Sorte „Pompur“ in Freising entwickelt

Maik Stölken, Geschäftsführer der Züchtungsinitiative.

Der Pompur-Apfel: Knackig, saftig und allergenarm.

Professor Wilfried Schwab erforschte in Weihenstephan die neue Sorte. © Jooss/TUM, Privat (2)

Freising – Das Erntedankfest steht vor der Tür – und auch bei der Apfelernte ist der Ertrag heuer gut. Aber wenn Allergiker in einen rohen Apfel beißen, müssen sie das oft teuer bezahlen: Sie reagieren mit einem Juckreiz oder Brennen auf Zunge, im Mund und Rachen. Auch geschwollene Schleimhäute und Lippen sind typisch. „Besonders die gängigen Supermarktsorten machen Betroffenen das Leben schwer“, erklärt Wilfried Schwab, Professor für Biotechnologie der Naturstoffe an der Technischen Universität München (TUM). Rund 3,5 Millionen Menschen seien allergisch. Doch für sie gibt es jetzt Hoffnung.

Denn unter Schwabs Federführung arbeitete ein Forscherteam der TUM in Weihenstephan mit Wissenschaftlern von der Hochschule Osnabrück und der Charité Universitätsmedizin Berlin einige Jahre an allergenarmen Äpfeln. Das Ergebnis sind zwei Sorten, die nun das international renommierte ECARF-Siegel für Allergikerfreundlichkeit tragen. Europaweit eine Premiere. Sie kommen am 15. November offiziell unter dem Dachmarkennamen „Pompur“ in den Handel und sind dann deutschlandweit auch in Supermärkten erhältlich.

„Die Äpfel sind zwar nicht allergenfrei, aber gut verträglich“, erklärt Schwab. Das Wichtigste: „Die Rückmeldungen sind sehr positiv.“ Das bestätigt auch Maik Stölken. Er ist Geschäftsführer der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) in der Obstbauregion Altes Land, die in Niedersachsen und bei Hamburg liegt. Zur ZIN gehören rund 170 Erzeuger und zehn Händler. Nur diese dürfen nach eigenen Angaben die neuen Pompur-Äpfel aktuell anbauen und verkaufen. Vor einigen Jahren ging die ZIN laut Stölke zunächst eine Kooperation mit der Hochschule Osnabrück ein, mit dem Ziel, neue Sorten zu züchten. Später kam die Zusammenarbeit mit Weihenstephan und Berlin hinzu. „Wir wollten etwas Besonderes, damit wir uns auf dem Markt behaupten können.“ Da kam die Idee mit den allergenarmen Äpfeln gerade recht. „Das ist ein großes Thema bei den Kunden.“ Jeder Bauer dürfe momentan nur über ein gewisses Kontingent verfügen. „Wir wollen den Markt am Anfang nicht mit dem neuen Produkt überfluten“, erklärt Stölken. Heuer rechne man insgesamt mit einer Ernte von 400 Tonnen. Die frühe Sorte gebe es bereits jetzt vereinzelt bei Direktvermarktern oder Online-Shops. Die Nachfrage sei hoch.

Das spürt auch Bauer Hein Lühs aus dem niedersächsischen Jork, der ebenfalls ZIN-Mitglied ist. Er verkauft schon kleine Mengen der für Allergiker geeigneten Äpfel im Online-Shop. Bis zum offiziellen Startschuss Mitte November dürfen diese allerdings nur unter den etwas sperrigen Namen ZIN-168 und ZIN-186 vertrieben werden. Erstgenannte Sorte, die süßlich schmeckt, sei bereits geerntet. „Die spätere hängt noch an den Bäumen“, erklärt Lühs. Sie sei säuerlicher und gut lagerbar. Bei beiden seien die Früchte groß, knackig und saftig. Sein Hof habe von den neuen Sorten 6000 Bäume gepflanzt. Das mache gut fünf Prozent aus. „Wir würden gerne mehr pflanzen“, gesteht er. „Der Markt ist da.“ Der Preis werde zwar etwas über dem von herkömmlichen Apfelsorten liegen, ergänzt ZIN-Chef Stölke. „Aber er wird moderat sein.“

Der Name „Pompur“ sei im Übrigen ein Kunstwort, zusammengesetzt aus dem französischen Wort „pomme“, für Apfel, erklärt Stölke. Und „pur“ spiele darauf an, dass Allergiker diese Sorten „pur“ genießen können. In den Augen von Bauer Lühs haben sich die Pompurs schon bewährt: „Die Äpfel können gut mit anderen Sorten konkurrieren.“ Was die Bäume angeht, müsse man noch mehr Erfahrung sammeln, um ihre Tauglichkeit zu bewerten. Aber: „Es gibt keine Sorte, die keine Macken hat“, sagt Lühs und lacht. „Das ist wie bei den Menschen.“ MARLENE KADACH

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