Der Gilchinger Apotheker Stefan Hartmann und sein Team beteiligen sich morgen an der Aktion. © Andrea Jaksch
Eine Apothekerin impft eine Kundin. Am Mittwoch wird in vielen Apotheken sogar bis 21 Uhr geimpft. © IMAGO
Gilching – Für Iris und Stefan Hartmann hat die Woche mit zwei Krankmeldungen ihrer Mitarbeiter begonnen. Nicht nur in ihrer Apotheke in Gilching im Kreis Starnberg hat die Viren-Zeit voll zugeschlagen. Überall wird geniest, geschnupft und gehustet. „Wiesn-Zeit und nasskaltes Wetter, das sorgt jedes Jahr für eine Krankheitswelle“, sagt Stefan Hartmann. Und das wissen nicht nur Apotheker. Schon seit einigen Wochen werden er und seine Frau von vielen Kunden nach Mitteln gefragt, mit denen sie ihr Immunsystem stärken können. Trotzdem hat es nun viele erwischt. Oktober ist eben der Erkältungsmonat, sagt Hartmann. „November und Dezember wird es erfahrungsgemäß etwas besser – und im Januar geht es dann von vorne los.“ Auch der Bayerische Hausärzteverband spricht von einer jahreszeittypischen Auslastung der Praxen.
Für alle, die gerade nicht krank sind und es auch nicht werden wollen, bieten Apotheken und Arztpraxen am morgigen Mittwoch eine Impfaktion an. Bundesweit findet eine lange Nacht des Impfens statt. Die Apotheken haben dafür länger geöffnet, die Hartmanns in Gilching bis 21 Uhr. „Das Angebot soll auch Berufstätigen helfen, unkompliziert an eine Grippe- oder Corona-Impfung zu kommen“, erklärt Iris Hartmann. Auf der Internetseite lange-nacht-des-impfens.de können Interessierte auf einer Karte sehen, welche Apotheken und Arztpraxen sich an der Aktion beteiligen. Wer sich eine kostenlose Impfung abholen möchte, kann sich einen Termin buchen. „Dann geht es etwas schneller“, sagt Iris Hartmann. Aber auch ohne Termin ist die Impfung möglich.
Die lange Nacht des Impfens findet jedes Jahr statt. „Es geht darum, die Impfung ins Gedächtnis zu rufen“, sagt Stefan Hartmann, der auch Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen ist. Allein in seiner Apotheke in Gilching haben er und sein Team zwischen 19 und 21 Uhr im vergangenen Jahr 20 bis 30 Menschen geimpft. In der herbstlichen Erkältungssaison waren es vergangenes Jahr rund 800. Und in diesem Jahr bereits 200 seit Mitte September. „Die Impfungen werden ernst genommen“, sagt Hartmann zufrieden.
Mit einigen Impfwilligen sind die Hartmanns bei der Aktion im vergangenen Jahr ins Gespräch gekommen. „Einige haben gar keinen festen Hausarzt“, berichtet der Gilchinger. „Und viele wollen in der Erkältungszeit nicht im vollen Wartezimmer einer Praxis sitzen.“ Wer gerade krank ist, darf sich nicht impfen lassen. Für alle anderen könnte die Impfung noch ein wirksamer Schutz sein gegen die Viren, die gerade unterwegs sind. Gerade für Menschen über 60 Jahren wird sowohl die Corona- als auch die Grippeimpfung empfohlen. Außerdem für chronisch Kranke, Schwangere, Menschen mit Atemwegserkrankungen und Angehörige von Pflegebedürftigen sowie für Pflegekräfte.
Die Apotheker sind während der Pandemie ermächtigt worden, in der Erkältungssaison gegen Grippe und Covid zu impfen. „Wir würden gerne das ganze Jahr über impfen – und auch mit weiteren Totimpfstoffen“, sagt Stefan Hartmann. Dafür fehlt aber noch das entsprechende Gesetz. Hartmann bedauert, dass es Ärzte gibt, die das Impfen in Apotheken als Konkurrenz empfinden. „Es soll eher eine Entlastung sein“, betont er. Gerade für Berufstätige oder Menschen ohne festen Hausarzt sei ein so niedrigschwelliges Angebot wichtig. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass 75 Prozent der Senioren über 65 gegen Grippe geimpft sein sollten. Aktuell sind es 38 Prozent, sagt Hartmann. „Es wären also zehn Millionen zusätzliche Impfungen nötig. Dabei können die Apotheker helfen.“
Allerdings beteiligen sich nicht in allen Landkreisen Apotheken an der langen Nacht des Impfens. Menschen aus dem Kreis Ebersberg beispielsweise müssen in andere Regionen ausweichen – aus organisatorischen Gründen oder fehlenden personellen Ressourcen, heißt es. Denn das Assistenzpersonal darf keine Impfungen durchführen. Und auch in vielen Apotheken gibt es Krankmeldungen. Die Hartmanns sind trotz der zwei Ausfälle gut aufgestellt für morgen. Zwei Mitarbeiter werden bis 21 Uhr im Einsatz sein. KATRIN WOITSCH