Das riesige CD-Archiv befindet sich noch im siebten Stock des BR-Gebäudes. Eva Demmelhuber sucht nun nach einem Platz für die Rollregale. © privat (2)
München – Eva Demmelhuber war gerade in Florenz, als sie im Juli erfuhr, dass ihr früherer Arbeitgeber sein CD-Archiv entsorgen will. Wie berichtet soll ein Teil des Münchner BR-Gebäudes verkauft werden. Deshalb will der Sender das CD- und das Schallplatten-Archiv auflösen. Demmelhuber ließ die Nachricht keine Ruhe. Noch in derselben Nacht schrieb sie eine Mail, bot an, die gut 175 000 Alben zu übernehmen. „Die dachten erst, das sei ein Scherz“, sagt sie. Aber es war ihr bitterernst. Demmelhuber hat knapp 40 Jahre für den Sender gearbeitet. Sie weiß, dass im Archiv echte Schätze liegen. „Es stinkt mir, wie der BR mit seiner Historie umgeht.“ Die alten Tonträger mit BR-Produktionen seien bereits vernichtet – obwohl die Unesco empfehle, solche Ur-Medien zu erhalten, berichtet Demmelhuber. Der BR hatte sie zwar vorher noch digitalisiert. Genau wie rund 80 Prozent des CD-Archivs, wie der Sender in einer Mitteilung erklärt. Für Eva Demmelhuber ist das zu wenig. „Zu den CDs gehören auch Booklets, außerdem sei auch die Zusammenstellung der Stücke erhaltenswert.
Nicht nur die Zukunft des CD-Archivs treibt Demmelhuber um. Sondern auch der geplante Verkauf eines Teils des BR-Gebäudes. Sie hat deshalb eine Initiative gegründet und eine Homepage erstellt: www.brstudiobau-retten.de. Zumindest was die Alben angeht, waren ihre Gespräche nun erfolgreich. Sie hat vor Kurzem einen Schenkungsvertrag unterschrieben. Nun steht sie vor der nächsten Herausforderung. Sie muss ein Lager für das Archiv finden – oder eine Institution, die ihr einen Raum zur Verfügung stellt. Die CDs sind in 2,35 Meter hohen Rollregalen sortiert, sagt sie. Jedes Regal braucht 43 Quadratmeter Platz. Die Zeit drängt. Bis Mitte November muss Demmelhuber die CDs abholen. Optimistisch führt sie gerade viele Gespräche mit Institutionen. „Wenn ich sage, um welche Menge CDs es sich handelt, ist es meistens erstmal kurz still.“ Zumindest für rund 1100 Volksmusik-CDs gibt es schon einen Abnehmer: Laut BR ist daran das Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik des Bezirks Oberbayern interessiert.
Zu dem silbernen CD-Schatz des Bayerischen Rundfunks gehören nicht nur Musik-CDs von Klassik über Jazz bis Pop oder Hip-Hop. Sondern auch etliche Hörspiele oder Lyrik-CDs. „Damit könnte man viel machen“, sagt Demmelhuber. Ideen für Veranstaltungen hätte sie genug. Zum Beispiel eine Krimi-Nacht. Oder eine Nacht im Liegestuhl unter dem Sternenhimmel, mit dem Hörspiel „Per Anhalter durch die Galaxis“. CDs werden immer ihre Endlichkeit nachgesagt. „Aber das schon wirklich lange“, betont Demmelhuber. Sie hört Musik selbst viel lieber von CD als über Spotify-Playlists. Schließlich habe sich jeder Künstler bei der Komposition eines Albums etwas gedacht.
Das CD-Archiv ist nun zwar gerettet, ihre Initiative zur Studiobau-Rettung läuft allerdings weiter. Für die rund 120 000 Schallplatten hat der BR laut Mitteilung ein Zwischenlager gefunden. Parallel führe der Sender Gespräche mit potenziellen Abnehmern wie Archiven oder kulturellen Institutionen, um den Fortbestand der historischen Tonträger zu sichern. Auch ausgewählte Tonträger mit BR-Sendungen, die historischen Wert hätten, würden nicht nur als digitale Kopie, sondern auch im Original eingelagert. Trennen wird sich der Sender aber von rund 7000 ausgedienten Technik- und Ausstattungsgegenständen – von Mikrofonen bis hin zu IT- und Antennentechnik. Alles, was nicht weiterverwendet werden kann, soll in einer Benefiz-Auktion öffentlich zum Kauf angeboten werden.