Durchfahrt verboten, heißt es künftig. © L. Asendorpf/dpa
Bei Stau auf der B2 bleiben, heißt es bisher in Farchant. Doch solche gut gemeinten Appelle bringen fast nichts. © THOMAS SEHR
Farachant/Miesbach – Gemeinden im Chiemgau und im Berchtesgadener Land haben es vorgemacht, jetzt ziehen weitere Gemeinden nach: Sie wollen Abfahrts- und Durchfahrtsverbote für Autofahrer erreichen, die sich bei Stau Schleichwege durch ihre Dörfer suchen. Die Ortschaften entlang von A8 und A93, aber auch A7 und der B2 im Garmisch-Partenkirchner Landkreis sehen es als letzte Möglichkeit, sich gegen den Ansturm durchreisender Touristen zu wehren.
Ein Dauerproblem ist das zum Beispiel in Farchant (Kreis Garmisch-Partenkirchen). Farchant ist ein Bilderbuchdorf, Landwirte treiben noch ihre Kühe durch den Ort auf die Weiden, die Kuhfluchtwasserfälle sind traumhaft, wer Kondition hat, geht von hier aus weiter auf den Fricken. Aber die meisten Touristen zieht es halt doch weiter – Richtung Zugspitze, Alpspitze und Karwendel. Und wenn die Bundesstraße 2, die um Farchant herum durch den gleichnamigen Tunnel führt, bei An- oder Abreise verstopft ist, fährt man halt durchs Dorf. „An jedem schönen Tag, an jedem Sonn- und Feiertag“ wälzen sich Autokolonnen durch die Ortschaft, klagt Bürgermeister Christian Hornsteiner (CSU).
Jetzt reicht‘s: Die Gemeinde will ein Durchfahrtsverbot erreichen, beschloss der Gemeinderat vergangene Woche. Zunächst hatte das Gremium gedacht, dieses müsse vom Landratsamt erlassen werden. Doch nach einer Besprechung der Behörden stellte sich heraus: Weil die Durchfahrtsroute allein über eine Gemeindestraße führt, kann Farchant das Schleichweg-Verbot selbst erlassen. Nun soll es schnell gehen: „Ziel ist es, dass es noch vor den Weihnachtsferien in Kraft ritt“, sagt der Bürgermeister unserer Zeitung. Notwendig ist lediglich eine sogenannte Allgemeinverfügung, die die Gemeinde zusammen mit Polizei und Kreisbehörde ausarbeiten will. Dann werden Schilder aufgestellt – das Zeichen Nr. 250 (Verbot für Kraftfahrzeuge aller Art) mit dem Zusatzschild „für Ausweichverkehr bei Stau auf der Autobahn“.
Auf den Geschmack gekommen sind auch die Gemeinden im Landkreis Miesbach. Vor allem die B318 Richtung Tegernsee ist oft verstopft – nach Vermutung der Bürgermeister vom Tegernsee manchmal auch deshalb, weil sie als Schleichroute Richtung Tirol genutzt wird, wenn A8 und A93 überlastet sind. Einige österreichische Gemeinden würden sogar damit werben, dass man sie über das Tegernseer Tal ohne Autobahn-Maut erreichen könne, ärgert sich Bürgermeister Christian Köck aus Rottach-Egern. Helfen sollen jetzt Durchfahrts- oder Abfahrtsverbote, die in diesem Fall das Landratsamt Miesbach verfügen müsste. Der Antrag ist gestellt.
Ähnlich ist es im Allgäu: Vor allem imLandkreis Ostallgäuärgern sich Gemeinden über Touristen auf Schleichfahrt. Auch bei Stauvor dem Grenztunnel Füssen sollen die Autofahrer künftig auf der A7 bleiben, so die Forderung. Orte wie etwa Nesselwang, Pfronten oder Füssen pochen auf Entlastung.
Notwendig sind in allen Fällen regelmäßige Kontrollen durch die Polizei, die auswärtige Autofahrer nach ihrem Ziel fragen und gegebenenfalls zurückweisen müsste – inklusive Bußgeld in Höhe von 50 Euro. Farchant hatte vor zwei Jahren in der Not sogar auf Feuerwehrleute zurückgegriffen, die Autofahrer am Ortseingang mit der Kelle in der Hand anhielten und fragten, wohin sie denn wollten. Das sei damals eine Notmaßnahme gewesen, sagt Bürgermeister Hornsteiner, und werde sich nicht wiederholen. „Das kann man den Leuten im Ehrenamt nicht zumuten.“DW/AK