Ein Schüler beim Lernen. Doch die Leistungen in Mathe und den Naturwissenschaften lassen nach. © Willie Thomas/Getty
München/Berlin – Mit den Schülerleistungen in Deutschland geht es weiter bergab. Der IQB-Bildungstrend des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen zeigt wachsende Defizite bei Neuntklässlern in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften.
Bundesweit verfehlte mehr als jeder dritte Jugendliche (34 Prozent) in Mathematik den Mindeststandard für den mittleren Schulabschluss – zehn Prozent mehr als 2018. Im Fach Chemie sind es 25, im Fach Physik 16 und im Fach Biologie 10 Prozent. Fast jeder zehnte (9 Prozent) Neuntklässler erreichte in Mathematik nicht einmal die Mindeststandards für den ersten Schulabschluss (Hauptschulabschluss). Von denjenigen, die einen Mittleren Schulabschluss anstreben, scheitern 25 Prozent an den Mindestanforderungen im Fach Chemie, 16 in Physik und 10 Prozent in Biologie. Die Leistungen haben sich durch die Bank verschlechtert und das unabhängig vom sozialen und familiären Hintergrund. Nicht nur Mittelschüler sind betroffen, sondern auch Gymnasiasten. Und: Das Interesse der Jugendlichen an den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern nimmt ab: Der Anteil derjenigen, die sich dafür kaum interessieren, sei sehr hoch.
Auch wenn die Leistungen im Schnitt schlechter werden, ergibt sich gestaffelt nach Bundesländern das alte Bild: Neben Bayern und Sachsen bleibt Baden-Württemberg in der Spitzengruppe über dem deutschlandweiten Durchschnitt. Der allgemeine negative Trend bei Leistungen, Motivation und emotionaler Entwicklung von Schülerinnen und Schülern kann aber auch hier nicht verhindert werden. Bayern steht im Deutschland-Vergleich auf den Plätzen 2 in Mathematik und Physik sowie auf den Plätzen 3 in Biologie und Chemie.
„Jetzt gilt es, entschlossen zu handeln und gezielt gegenzusteuern“, sagte Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (FW). Der Trend sei schon bei der Pisa-Studie 2023 sichtbar gewesen. Sie hoffe, dass sich die danach eingeleiteten Korrekturen – unter anderem mehr Zeit für Lesen, Schreiben, Rechnen in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 – auszahlen werden.
Zweifel gibt es an der Methodik. Für die Studie wurden Testergebnisse von 48 279 Schülerinnen und Schülern aus 1556 Schulen in Deutschland ausgewertet. Bayern (3430 Testschüler) ist dabei unter-, Berlin (4379 Schüler) überrepräsentiert. Zudem waren 14 der nur 110 Schulen, die in Bayern am Test teilnahmen, Förderschulen. Dies dürfte die Ergebnisse insgesamt nach unten gezogen haben, heißt es. In der Kultusministerkonferenz soll darüber intern auch diskutiert worden sein.
So oder so sind die Ergebnisse aber nicht berauschend. Ein Grund sind Nachwirkungen der Corona-Pandemie: Neuntklässler, die im Frühjahr 2024 an den Tests teilnahmen, waren auf dem Höhepunkt der Pandemie als Viert- oder Fünftklässler von Schulschließungen und Lockdowns betroffen. Aber auch die Migration schlägt durch. Hier gibt es einen Trend in den Schulen, nach unten zu nivellieren – das heißt, in Klassen mit hohem Migrationsanteil tendieren Lehrer dazu, das Anforderungsniveau abzusenken, damit die Schwächeren mitkommen. Idealerweise müssten solche Klassen von zwei Lehrern unterrichtet werden, heißt es.DW/DPA