An der BRB fast verzweifelt: Ralf Broich.
Ein Meridian-Zug der Bayerischen Regiobahn fährt im Inntal. Eine Kontrolleurin war unerbittlich gegenüber einem Fahrgast. © Matthias Balk/dpa
Prien – „Schreib das mal in der Zeitung“ – diesen vermeintlich guten Ratschlag hört man als Journalist öfters. Dahinter steht die Erwartung, dass sich an einem Missstand schnell was ändert, wenn er nur endlich öffentlich wird. Das ist jedoch – gerade bei Bahnangelegenheiten – leider nicht der Fall, sonst wäre die Bahn heute angesichts der vielen Berichte über Verspätungen und Zugausfälle, S-Bahn-Pannen und Fahrgast-Odysseen schon längst im 1a-Zustand.
Es ist bekanntlich anders. Manchmal kann man aber tatsächlich helfen – zum Beispiel Ralf Broich aus Erkrath (nahe Düsseldorf) in Nordrhein-Westfalen. Für den Elektroingenieur wurde eine Ferienreise nach Reit im Winkl im vergangenen Jahr zum Albtraum. Schuld war eine Fahrkartenkontrolleurin der Bayerischen Regiobahn, die ihn als vermeintlichen Schwarzfahrer überführte. Über eineinhalb Jahre zog sich der bürokratische Kleinkrieg und zermürbender Schriftverkehr zwischen Ralf Broich, der Bayerischen Regiobahn und einem Inkassobüro hin. Die Beträge, die man Broich als „erhöhtes Beförderungsentgelt“ abknöpfen wollte, wurden dabei immer höher: erst 60 Euro, dann 67, dann 99,27 und schließlich 136,82 Euro. Das Inkassobüro der BRB namens „troy Inkasso“ war dabei mit der Erfindung von Mahngebühren sehr kreativ. Neben Mahnspesen (7 Euro) stellte man Broich 30,90 als Inkassomahnung, 24,72 als erhöhte Geschäftsgebühr sowie diverse Zinsen in Rechnung.
Vergangene Woche wandte sich Broich entnervt an unsere Zeitung: „Werden Bahnreisende durch neue, schikanierende Methoden zur Kasse gebeten, um die marode Infrastruktur der Eisenbahn mitzufinanzieren?“, schrieb er. Das war passiert: Am 23. Januar 2024 wollte Broich über Düsseldorf und München bis Prien fahren. Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL kam dazwischen. Broich musste seine Reise verschieben.
Bahnunternehmen sind in solchen Fällen kulant, die Fahrkarte wird entfristet, man kann seine Reise später antreten. So machte es auch Ralf Broich. Er nutzte seine Fahrkarte ohne Zugbindung am 27. März 2024. Im ICE wurde sein Ticket anstandslos akzeptiert, nicht jedoch im Zug der BRB auf der Fahrt von München Richtung Prien. Die Kontrolleurin habe seinen Hinweis, dass die Bahn nach dem GDL-Streik Kulanz walten lässt, „einfach ignoriert“, sagt Broich. Nachdem er als vermeintlicher Schwarzfahrer ertappt worden war, stieg er damals in Rosenheim mit Wut im Bauch extra aus und wandte sich ans dortige DB-Servicezentrum. Dort bestätigte man ihm mit Stempel und handschriftlichen Notiz auf der Fahrkarte („Ticket zu einem späteren Zeitpunkt gültig – GDL-Streik“), dass er im Recht sei. Was aber im anschließenden Schriftverkehr sowohl von der BRB als auch dem Inkassobüro einfach ignoriert wurde.
Erst nach einer Intervention unserer Zeitung bei der Pressestelle der BRB bekam Ralf Broich jetzt Recht – und zwar ruckzuck innerhalb von fünf Tagen. „Wir bitten den Fahrgast um Entschuldigung und werden das Erhöhte Beförderungsentgelt stornieren“, erklärte eine Sprecherin. Klipp und klar stellt sie fest: „Der Fahrgast hatte einen gültigen Fahrschein.“ Auch die handschriftliche Anmerkung mit Tagesstempel des DB-Servicezentrums sei „erlaubt und gängige Praxis“. Zwar habe Broich eine 14-tägige Einspruchsfrist verstreichen lassen, doch da wolle man mal drüber hinwegsehen.
Und was sagt der vermeintliche Schwarzfahrer zu der neuen Entwicklung? „Nun bin ich baff. Mit so einer schnellen und positiven Reaktion habe ich nicht gerechnet“, sagt Ralf Broich. Es sei aber schon „erschreckend, dass man erst mit Hilfe der Presse etwas bewirken kann und man bis dahin kontinuierlich versucht, den Kunden mürbe zu machen in der Hoffnung, dass er irgendwann aufgibt.“DIRK WALTER