Christoph Flittner betreibt drei Fahrschulen. © privat
Prüfung geschafft! Der Weg zum Führerschein kostet immer mehr Geld. © Balinovac/Getty
Erding/Berlin – Christoph Flittner betreibt drei Fahrschulen im Landkreis Erding. Er weiß, dass die meisten seiner Fahrschüler lange gespart haben, bevor sie sich bei ihm für den Unterricht anmelden. Zwischen 3000 und 3500 Euro kostet der Schein, berichtet der 41-Jährige. In der Stadt noch mehr. Bei ihm zahlen die Schüler pro Fahrstunde 60 Euro, in München sind es im Schnitt 90 Euro. So kommen schnell hohe Summen zusammen. „Die Fahrprüfungen sind schwieriger geworden“, erklärt Flittner. Früher habe sich der Prüfer während der Fahrt Notizen gemacht und am Ende ein Ergebnis gebildet. Heute gibt es einen Fahraufgabenkatalog und ein Prüfungsprotokoll – damit die Prüfung einheitlicher wird. „Dadurch ist sie aber auch kleinlicher geworden, es wird seltener ein Auge zugedrückt.“
Die Durchfallquote ist hoch. Laut Verband der Fahrlehrer liegt sie bei 42 Prozent. Christoph Flittner hat dafür mehr als eine Erklärung. Der Leistungsdruck in den Schulen sei groß, sodass viele jungen Menschen kaum Zeit hätten, für die Fahrschule zu lernen. Außerdem hat er festgestellt, dass die Affinität der Jugend zum Auto nachgelassen hat. Kinder würden seltener auf den Verkehr achten, sondern auf ihr Handy schauen, wenn sie mit ihren Eltern im Auto unterwegs sind. Auch andere Fahrlehrer beklagen, dass die jungen Menschen mit weniger Vorwissen in die Fahrschulen kommen als früher. „Verkehrserziehung müsste schon in der Schule anfangen“, fordert Kurt Bartels, Vize-Chef des Deutschen Fahrlehrerverbands. Auch weil der Verkehr heute durch die vielen Autos, Radfahrer oder E-Scooter-Fahrer deutlich komplexer geworden ist. Viele Jugendliche würden deshalb mehr Fahrstunden brauchen. „Und das treibt die Kosten für den Führerschein nach oben.“ Dazu kommen noch die Preissteigerungen bei Raummieten, Personal oder Benzinpreisen, die die Fahrschulen spüren.
Dass der Führerschein immer mehr zum Luxus wird, treibt längst auch die Politik um. In Berlin wurde gestern beraten, wie der Schein bezahlbarer gemacht werden kann. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder will die Prüfungsvorgaben deutlich entschlacken – ohne Einbußen bei den Sicherheitsstandards. So will der CDU-Minister bespielsweise den Fragenkatalog für die theoretische Prüfung von 1169 Fragen um ein Drittel reduzieren. Der Inhalt der Tests soll sich auf die Verkehrssicherheit beziehen. Bisher wurden auch viele technische Fragen gestellt, zum Beispiel zu Fahrassistenzsystemen. Für die Fahrschulen möchte Schnieder mehr Freiraum in der Gestaltung der Ausbildung schaffen. Auch die Präsenzpflichten zum Unterricht werden abgeschafft, Fahrschüler dürfen sich das Wissen auch über Apps aneignen. Vorgaben zu den Räumen der Fahrschulen entfallen, das soll Verwaltungsaufwand reduzieren. Außerdem will Schnieder, dass Kosten und Erfolgsquoten aller Fahrschulen online einsehbar sind, sodass die Wahl für Fahrschüler einfacher wird. Für die praktische Ausbildung sollen Fahrschulen verstärkt Fahrsimulatoren einsetzen können – zum Beispiel um die Kompetenz für Autos mit Schaltgetriebe zu erlernen. Vorgesehen sind außerdem weniger verpflichtende Sonderfahrten. In der praktischen Prüfung soll die Fahrzeit von 55 auf 25 Minuten verkürzt werden. Mit all diesen Änderungen würden die Sicherheitsstandards auf höchstem Niveau gehalten, gleichzeitig lassen sich aber die Kosten für den Autoführerschein (derzeit im Schnitt 3400 Euro) senken, betonte Schnieder.
Kurt Bartelt vom Fahrlehrerverband sieht einige dieser Vorschläge kritisch. Vor allem, dass die Schüler das Wissen künftig auch zu Hause per App lernen dürfen. „Wir haben schon während der Pandemie gemerkt, dass sie ohne den direkten Unterricht viel mehr Fahrstunden gebraucht haben“, sagt er. Außerdem würden dadurch kaum Kosten gespart. Die Fahrsimulatoren dürfen seiner Meinung nach wirklich nur eine Ergänzung sein. Die meisten Fahrschulen müssten sich dann aber erstmal einen Simulator anschaffen. Skeptisch ist er auch, ob die Flexibilität bei der Ausbildung wirklich praktiziert werden kann. „Entscheidet dann wirklich der Fahrlehrer, wie viele Sonderfahrten nötig sind oder drängen die Schüler auf eine Reduzierung, um Kosten zu sparen?“
Schnieder will die Eckpunkte seiner Reform nun mit den Ländern und Vertretern der Branche weiterentwickeln. Der Fahrlehrerverband hofft darauf, dass seine Stellungnahmen dann gehört werden.