Die drei Rebellinnen vom Kloster Goldenstein bekommen Hilfe aus ganz Deutschland. © Noah Hatz
Elsbethen – Über den Bergen um Schloss Goldenstein bei Salzburg hängt schon herbstlicher Nebel, im Klostergarten blühen noch einzelne Rosen. Hier hatten Schwester Bernadette (88), Schwester Regina (86) und Schwester Rita (82) jahrzehntelang gelebt und in der Mittelschule gearbeitet, bevor sie in ein Altenheim verlegt wurden – gegen ihren Willen, wie sie sagen. Anfang September nahmen sie aus dem Heim Reißaus, ließen ihr leer stehendes Kloster aufsperren und richteten sich wieder ein. Dadurch gerieten sie in Konflikt mit dem Ordensleiter und sorgten für internationale Aufmerksamkeit. Sie berichten nun von einer Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft.
Bernadette gleitet mit einem Treppenlift hinab zum Gebet in die Kapelle, die zwei anderen Augustiner-Chorfrauen brauchen trotz ihres Alters keine Hilfe. Der Lift wurde von einer Firma aus Hessen vor Kurzem gespendet und eingebaut. Die Kapelle ist mit Blumen geschmückt. Eine ehemalige Schülerin der Nonnen, die einen Blumenladen betreibt, hat dafür gesorgt. „Ich bin halt so gerührt“, sagt Schwester Rita. Sie wird emotional, wenn sie von der Zuneigung spricht, die den Nonnen von Schülerinnen, Freunden und Unbekannten zuteil wird. „Das stärkt halt einfach“, sagt die ehemalige Erzieherin der Mittelschule, die die Nonnen in Goldenstein betrieben hatten.
Helfer haben einen Instagram-Kanal für die Chorfrauen eingerichtet. Etwa 70 000 Follower verfolgen so ihr Leben – vom Beten bis zum Knödelkochen von Bernadette, die früher in der Schule Kochlehrerin war. Auf einem Spendenkonto sind mehr als 21 000 Euro eingegangen. Kürzlich wurde eine Pflegerin organisiert. Doch hinter der scheinbaren neuen Idylle in Goldenstein steht ein schwerer Konflikt zwischen den Schwestern und dem Leiter des Augustiner-Stifts Reichersberg, der für die Nonnen zuständig ist. Der Leiter, Propst Markus Grasl, hat sie dazu aufgerufen, in das Altenheim zurückzukehren; die drei Frauen haben Grasl und einen weiteren Kirchenmann angezeigt.
Denkt der Propst jetzt daran, das Kloster räumen lassen? Die Antwort seines PR-Beraters und Sprechers ist eindeutig: „Nein“, sagt Harald Schiffl, ein Experte für Krisenkommunikation. „Der Propst ist sehr langmütig und auch sehr gutmütig“, sagt Schiffl. Dennoch hat der Stiftsleiter seit Anfang der Kloster-Besetzung nicht direkt mit den Nonnen gesprochen. Grasl wäre zwar bereit gewesen, über Lösungen zu reden, doch die Anzeige habe die Möglichkeit eines Dialogs zunichtegemacht, sagt sein Sprecher. „Die Schwestern hätten diesen unfreundlichen Akt sein lassen sollen und sich der Konsequenzen vorher bewusst sein sollen“, sagt Schiffl.
In der Anzeige fordern die Nonnen Ermittlungen zu ihrer Verlegung in das Altenheim vor fast drei Jahren, die aus ihrer Sicht rechtswidrig war. Außerdem solle der Verbleib von hunderttausenden Euro an Ordensvermögen der Nonnen untersucht werden – sowie die Umstände, unter denen die Nonnen 2022 das Schloss Goldenstein unentgeltlich an das Stift Reichersberg und die Erzdiözese Salzburg abgetreten hatten. Grasl hatte im September betont, dass die Nonnen aus gesundheitlichen Gründen nicht länger in Goldenstein wohnen konnten. Die Nonnen und ihre Helferinnen sagen hingegen, dass sich der Zustand der drei Damen seit der Rückkehr nach Goldenstein verbessert habe. Im Frühling will Schwester Rita den Klostergarten samt Gewächshaus mit Blumen und Gemüse reaktivieren. „Ab Februar wächst die Natur wieder, und da werde ich dann wieder starten – so richtig“, sagt sie.
Das Schloss, in dem einst dutzende Schwestern lebten, war seit dem späten 19. Jahrhundert im Besitz der Augustiner-Chorfrauen. Die Mittelschule von Goldenstein, die bis heute in Betrieb ist, war bis 2017 eine Mädchenschule. Aus ihr gingen Professorinnen, Juristinnen, Geschäftsfrauen und Hausfrauen hervor, erzählt Schwester Bernadette. Als berühmteste Absolventin gilt die Filmschauspielerin Romy Schneider, die hier von 1949 bis 1953 die Schule besuchte. Auch Bernadette war damals Schülerin in Goldenstein. „Sie hat unglaublich scharf geschossen beim Völkerball-Spiel“, erinnert sich Bernadette.DPA