Karlsruhe stärkt kirchliche Arbeitgeber

von Redaktion

Ende eines Rechtsstreits: Mitgliedschaft kann bei bestimmten Stellen verlangt werden

2018 noch zuversichtlich: Klägerin Egenberger mit ihrem Anwalt. © Jens-Ulrich Koch/epd

München/Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte kirchlicher Arbeitgeber bei der Stellenbesetzung gestärkt. Eine Kirchenmitgliedschaft kann weiterhin Bedingung eines kirchlichen Arbeitgebers sein, wenn „die Bedeutung der Religion“ für den Job plausibel dargelegt wird. Mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe wird eine sieben Jahre lange gerichtliche Auseinandersetzung beendet. Die aus der Kirche ausgetretene Sozialpädagogin Vera Egenberger aus Berlin, die sich für eine Referentenstelle in der Diakonie für das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention“ beworben hatte, war nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Sie sah sich aus religiösen Gründen diskriminiert und klagte auf Entschädigung.

Der Europäische Gerichtshof hatte 2018 entschieden, dass sich Kirchen nicht pauschal auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen können – mit Bezug auf die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU. Daraufhin hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt der Klägerin eine Entschädigung zugesprochen. Dagegen legte die Diakonie 2019 Verfassungsbeschwerde ein.

Gestern nun die Entscheidung. „Nach erstem Eindruck ist das Urteil aus Sicht von Kirche und Diakonie sehr zu begrüßen“, sagte Kirchenrat Dieter Breit, Beauftragter für die Beziehungen zu Landtag und Staatsregierung sowie für Europafragen der evangelischen Landeskirche, auf Nachfrage. Es zeige, dass neben den Antidiskriminierungsregelungen der EU auch die Selbstbestimmung von Religionsgemeinschaften arbeitsrechtlich relevant sei.

„Wer beruflich im Dienst von Kirche und Diakonie deren Selbstverständnis und Ethos vertreten muss, von dem darf die Mitgliedschaft erwartet werden“, bringt es Breit auf eine knappe Formel. Wichtig sei aber: „Damit ist kein Freibrief ausgestellt, jede berufliche Tätigkeit für eine Religionsgemeinschaft oder deren Wohlfahrtsverband zwingend mit der Mitgliedschaft als Voraussetzung zu verknüpfen.“ Die Kirche müsse nachweisen, dass für die betroffenen Stelle tatsächlich eine Identifizierung mit religiösen Grundanliegen erforderlich sei. Somit stärke das Urteil einerseits das Selbstbestimmungsrecht der Kirche – unterstreiche aber zugleich deren Verantwortung, „damit angemessen und transparent im Arbeitsrecht umzugehen“. Antidiskriminierung bleibe ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Anliegen, „das selbstverständlich auch im Arbeitsrecht der Kirchen berücksichtigt werden müsse“.

Auch die katholischen Bischöfe sehen in dem Urteil eine Stärkung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts. Um die religiöse Dimension ihres Wirkens sicherzustellen, könnten die Kirchen auch die Arbeitsverträge und die Auswahl ihrer Mitarbeiter entsprechend gestalten, erklärte die Deutsche Bischofskonferenz. „Es ist ausgesprochen klug, dass das Bundesverfassungsgericht mit dieser Abwägung keinen Konflikt mit dem Europäischen Gerichtshof sucht, sondern einen Weg beschreitet, mit dem die Regelungen des Grundgesetzes verantwortungsvoll in die Zukunft geführt werden. Damit haben die Kirchen größere Rechtssicherheit mit Blick auf das kirchliche Arbeitsrecht“, sagt Matthias Belafi, Leiter des Katholischen Büros Bayern. CLAUDIA MÖLLERS

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