Die Zuhörer in Notlagen: Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar. © Scholz/pa
Nürnberg – 0800 111 0111 oder 0800 111 0222 oder 116 123: Das sind die Nummern der kirchlichen Telefonseelsorge, die Menschen rund um die Uhr anrufen können, wenn sie in einer Krise stecken und nicht mehr weiterwissen. Anonym und kostenlos. Am Telefon in 17 Orten in Bayern (in Oberbayern in München, Rosenheim, Traunstein, Bad Reichenhall und Ingolstadt) sitzen haupt- und ehrenamtliche Seelsorger, die zuhören und mit dem Anrufer nach Lösungen suchen.
Die Telefonseelsorge, die von der katholischen und evangelischen Kirche in Bayern getragen wird, hat nun ihrerseits Sorgen. „Angesichts sinkender Kirchensteuereinnahmen und zunehmender Belastungen für Haupt- und Ehrenamtliche steht die Qualität dieser Arbeit auf dem Spiel“, warnte gestern der evangelische Landesbischof Christian Kopp. In Nürnberg wurde eine Studie der Ruhr-Uni-Bochum vorgestellt, die wissenschaftlich belegt, dass die Telefonseelsorge in Bayern ein „hochgeschätztes, professionelles und gesellschaftlich relevantes Angebot“ ist. Die Wirksamkeitsstudie des Zentrums für angewandte Pastoralforschung belegt, dass die Telefonseelsorge Vorbild sein könne für eine Kirche, die für alle da ist. Sie richtet sich an alle Menschen in Krisensituationen – „ihr Alter, ihr Geschlecht, ihre Nationalität, ihre sexuelle Orientierung, ihre Religionszugehörigkeit oder deren Fehlen spielen für uns keine Rolle“, betonen die Helfer.
Für die Studie wurden Haupt- und Nebenamtliche befragt, Vertreter der kirchlichen Träger, Zuschussgeber und Fachstellen, die mit dem Hilfsdienst zusammenarbeiten. Das Ergebnis: Die 17 Telefonseelsorgestellen, die 2024 fast 180 000 Mal kontaktiert wurden, haben eine „hohe Relevanz für einsame und trauernde Menschen“. Sie entlasteten psychosoziale Dienste. Hoch geschätzt wird die ökumenische Zusammenarbeit, die Professionalität und die Zusammenarbeit mit anderen sozialen Partnern.
Die Studie attestiert der Telefonseelsorge, ein „professioneller Stabilisator in persönlichen Krisen“ zu sein, der einen Beitrag zur Stärkung der gesellschaftlichen Widerstandskraft leiste. Sie brauche eine „robuste personelle Ausstattung“, um die Verfügbarkeit aufrechtzuerhalten. Vorbildlich sei das Engagement der Ehrenamtlichen, die meist schon im Ruhestand sind und über viel Lebenserfahrung verfügen. Einsparungen zulasten der Qualität dürfe es nicht geben, warnt die Studie. „In einer Zeit gesellschaftlicher Verwerfungen und ausgrenzender Parolen“, stehe die Telefonseelsorge für Offenheit und Menschlichkeit – „ein wertvoller Dienst der Kirche für eine humane Gesellschaft“.CLAUDIA MÖLLERS