Carolin Reiber mit 19 als Ansagerin in ihren Anfängen.
Mit 17 war Carolin Reiber Faschingsprinzessin. © Haag
Die Grande Dame der Fernsehshows: Kaum zu glauben, Carolin Reiber wird am Sonntag 85 Jahre. © Gnoni-Press/Sessner
München – Es gibt Menschen, die begleiten einen ein Leben lang. Sie sind immer da. Wenn auch nicht physisch, dann im Bild – makellos, diszipliniert, korrekt und kontrolliert bis ins kleinste Detail. Carolin Reiberist dafür Inbegriff. Sie ist die Grande Dame der großen ZDF-Fernsehshows und patente Gastgeberin von BR-Heimatsendungen; als Ansagerin und Moderatorin über 60 Jahre lang die charmanteste Botschafterin eines bairisch gerollten R – mit Sendungen wie Jetzt red i, Unser Land, Bayerntour und zahlloser volkstümlicher Musik-Formate. Auch ein Weihnachten ohne Carolin Reiber war jahrzehntelang undenkbar. Stets fröhlich gehörte sie in die Wohnzimmer von Millionen. Erst vor ein paar Jahren machte sie mit großen TV-Auftritten Schluss, schreibt für unsere Zeitung aber Kolumnen. Diesen Sonntag wird Carolin Reiber 85 Jahre alt.
Sie lässt sich keine Sekunde gehen. Selbst an den schwärzesten Tagen nicht. Nicht einmal, als am 26. Januar 2014 ihr Ehemann Luitpold Maier nach längerer Krankheit daheim in ihren Armen starb. Am nächsten Morgen wurde sie für ihre Sendung Bayerntour abgeholt. Kein Wort verlor sie über den Vortag, keine Träne – sie lächelte wie gewohnt in die Kamera. Niemals hätte sie ihr Team, den Sender und ihr Publikum im Stich gelassen. Unbedingte Haltung – das steht über allem in ihrem Leben. Ihre Maxime: Die Freude teilt man, den Kummer nicht. Das hat sie die Mutter gelehrt. Lya Reiber, Geschäftsfrau und Kustermann-Café-Inhaberin, ist ihr stets im Ohr: „Lächle, Kind, lächle!“ – egal, was ist. Und: Dankbarkeit vor Tränen. Denn Freude gab und gibt es viel im Leben der Carolin Reiber – als Mutter zweier Söhne und vierfache Oma. Sie pflegt viele Freundschaften – zu Volksmusikstars wie Heino und Florian Silbereisen genauso wie zu ihrer Nachbarschaft in Grünwald. Sie ist ansprechbar und nahbar – für alle. Zu Silvester bedient sie Obdachlose.
Das Postamt in Grünwald dürfte kaum eine regere Kundin haben. Kein Geburtstag in Carolin Reibers enorm großem Kosmos bleibt unbemerkt; kein Unglück, das nicht mit einem liebevoll geschnürten Packerl getröstet wird; kein Betrübnis, das nicht mit einem Anruf erleichtert wird. Carolin Reiber ist immer da. Dabei gilt die über Jahrzehnte präsente Moderatorin als Ikone des deutschen Fernsehens. Auf hunderten Illustrierten-Titeln wurde sie gefeiert, zuallererst mit 17 als jüngste Münchner Faschingsprinzessin, später als bestgekleidete und bestfrisierte Frau der Nation, auch als Superfrau der Volksmusik und erotischster TV-Star – noch vor Joan Collins.
Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin ist seit 1959 auch Ehrenbürgerin von Texas, nachdem sie ihr Heimatland bei einem mehrtägigen Staatsakt repräsentieren durfte – seither kann sie dort gratis die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Bis zur Pandemie ist sie für Misereor immer noch um die Welt gereist – in die ärmsten Länder, um mit ihrer Popularität auf die Not der Menschen aufmerksam zu machen.
Feiern wird Carolin Reiber ihren Geburtstag nicht – nur im Kreis ihrer Familie. Es ist Allerseelen, Gedenktag der Verstorbenen. Insofern ist die Grande Dame des Fernsehens auch da korrekt.ULRIKE SCHMIDT