Marx bittet Missbrauchsbetroffene um Verzeihung

von Redaktion

Bistum Trier: Studie belegt Fehler im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt – Versäumnisse der Kirche

Marx (l.) und Bischof Ackermann. © Tittel/PA

München – Dass er als Bischof von Trier Fehler gemacht hat im Umgang mit Missbrauchsfällen, hat Kardinal Reinhard Marx mehrmals eingeräumt. Am Donnerstag legten Historiker der Uni Trier mit der Studie „Sexueller Missbrauch im Bistum Trier in den Amtszeiten von Reinhard Marx (2001–2008) und Stephan Ackermann (2009–2021)“ die Versäumnisse des heutigen Münchner Erzbischofs schwarz auf weiß vor. Einerseits erkennt der Bericht an, dass Marx nach den geltenden Leitlinien von 2002 „rasch und entschieden“ gehandelt habe. In zwei Fällen aber zu milde und von einem „überraschenden Vertrauen“ zu den Beschuldigten geprägt. Mit schwerwiegenden Folgen: „Dies führte dazu, dass in beiden hier dargestellten Fällen die Sanktionen nicht ausreichten, um weiteren Missbrauch in der Folgezeit zu verhindern.“

Deutlich wird in dem Bericht: Marx hat das Thema Missbrauch nicht zur Chefsache gemacht. „Er vertraute dem alten Personal aus der Amtszeit seines Vorgängers“, heißt es. Und diese Männer waren zu nachsichtig mit den Tätern und unsensibel gegenüber den Opfern. Bischof Marx wurde auch nicht umfassend informiert. Besonders bitter: In nur zwei Fällen wurde Betroffenen Hilfe angeboten. Die Forscher stellen ein „Versagen der Bistumsleitung“ fest. „Vielfach übernahmen die Medien die Aufklärung, die das Bistum hätte leisten müssen.“ In Marx‘ Amtszeit in Trier wurden 21 Missbrauchstäter sowie 35 Betroffene identifiziert. Erst Marx‘ Nachfolger Stephan Ackermann habe das Missbrauchsthema konsequent angepackt. Doch auch er räumt Fehler ein.

Auch im Erzbistum München und Freising wird seit Jahren diskutiert über die Aufarbeitung. Am 4. Juni 2021 mündete die Debatte in einem Paukenschlag: Der Kardinal bot dem Papst seinen Rücktritt an – um „Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche“. Der Papst lehnte den Rücktritt ab: Marx solle sich der Krise aussetzen. Inzwischen gibt es regelmäßigen Austausch mit Missbrauchsbetroffenen, Ende 2020 gründete Marx mit 500 000 Euro seines Vermögens eine Stiftung für Betroffene sexuellen Missbrauchs. Kardinal Marx legte am Donnerstag eine Stellungnahme vor: Ihm sei immer deutlicher geworden, dass er als Bischof von Trier den sexuellen Missbrauch „nicht so umfassend und klar wahrgenommen habe, wie das angemessen gewesen wäre“. Heute handele man anders. „Insbesondere gilt das für die Situation direkt und indirekt Betroffener. Das bedauere ich tief und bitte die Menschen um Verzeihung, denen ich nicht gerecht geworden bin.“ Heute wisse er, dass die Begegnung mit den Betroffenen wichtig sei. Die Gespräche hätten seinen Blick auf das Versagen der Institution geschärft.

Offen bleibt der Fall eines Priesters aus dem Bistum Trier, der unter Marx‘ Vorgänger Spital als Kurseelsorger ins Münchner Erzbistum geschickt wurde. Der Priester hatte in Trier den Missbrauch von drei Jungen gestanden. Am 13. Februar 2004 habe Bischof Marx mit dem Priester gesprochen. Darüber gibt es unterschiedliche Aussagen: Der Priester sagt, er habe Marx von dem Missbrauch berichtet, der Kardinal weist das zurück. Er schreibt in seiner Stellungnahme, dass das Erzbistum erst am 9. März 2010 durch den Pfarrer informiert wurde. Daraufhin habe Marx am 29. März 2010 dessen Einsatz beendet. Auf Nachfrage erklärt die Pressestelle, dass der Seelsorger im Kreis Miesbach eingesetzt war. Es gebe keine Kenntnis von Übergriffen in dieser Zeit. Zwei Pfarrer in zwei Pfarreien seien darüber vom Ordinariat informiert worden.

Parallel wurde in Augsburg eine Studie vorgelegt. Von 1948 bis 2002 haben alle Bischöfe unangemessen reagiert. Seit Amtsantritt von Bischof Meier 2020 sei alles regelkonform. Die Studie ist auf www.aufarbeitungskommission-augsburg.info veröffentlicht.CM

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