Am meisten nerven auch einen Lokführer die vielen Baustellen: Erik Großmann am Münchner Hauptbahnhof. © Marcus Schlaf
München – Erik Großmann (41) hat eigentlich gar keine Zeit. Sein Computer ist kaputt, er muss sich drum kümmern. Und der nächste Auftrag wartet schon, eine Fahrt zum Brenner. Aber nun steht er doch am m Ende eines Bahnsteigs im Münchner Hauptbahnhof und erklärt seine Geschäftsidee. Großmann ist ein Lokführer zum Mieten.
Der Lokführer hat sich selbstständig gemacht, gründete sein eigenes Unternehmen, die EGM GmbH, die Erik Großmann München GmbH. „Ihr moderner Eisenbahndienstleister in München“, heißt es auf der Homepage. Im Hintergrund am Nachbargleis steht beim Ortstermin eine nagelneue blaue Lok, eine Siemens Vectron von Beacon Rail, wie Großmann sogleich aufklärt. Er kennt sich berufsbedingt aus mit Loks, die Vectron ist einer seiner Lieblinge. Er fährt aber auch gerne die etwas ältere Siemens Taurus und die alte Baureihe 140, eine bis in die frühen 1970er-Jahre hergestellte DB-Einheitslok, die immer noch (wenn auch zunehmend seltener) auf deutschen Schienen unterwegs ist.
Großmann ist Lokführer mit Leidenschaft. Seit 2003 ist er auf der Schiene unterwegs. Anfangs für die Münchner S-Bahn (wo er 2004 eine Schlagzeile der tz bekam als Münchens freundlichster S-Bahn-Lokführer wegen seiner netten Ansagen), später lange Jahre für DB Cargo. Doch das Unternehmen steckt in der Krise, ist auf einen striktes Sanierungskurs und hat viele Leute entlassen. Großmann gehörte nicht dazu – er kündigte im Februar dieses Jahres selbst. Die vielen wechselnden Schichten, nachts, samstags, sonntags, und dazu vielleicht auch die mangelnde Wertschätzung der Cargo-Manager für ihre Leute – das alles setzte dem Familienvater zu. Als aktives Mitglied der Lokführergewerkschaft GDL waren auch die Sinne für Ungerechtigkeiten geschärft. Also gründete er seine eigene Firma. was nicht so leicht ist. Mit seiner Abfindung finanzierte er einen Businessplan, brachte seine Bank dazu, ihm Kapital zu geben, setzte eine eigene Homepage auf und brachte sich bei den Güterzugfirmen ins Gespräch.
Man muss wissen: Die Deutsche Bahn ist längst nicht mehr das einzige Unternehmen, das Güter durch die Republik transportiert., ihr Marktanteil liegt bei nur noch rund 40 Prozent. Dafür gibt es etliche teils neue Firmen, die kaum öffentlich kaum bekannt sind. RCC etwa, MEV, TX Logistics, Rheincargo oder BoxPress. Diese Logistiker besorgen sich Aufträge bei Großkunden und beschäftigen zum Teil eigene Lokführer, zum Teil kaufen sie Leistungen ein – zum Beispiel auch bei Erik Großmann. „Die Auftragslage ist sehr gut“, sagt der Lokführer. Sein Einsatzgebiet reicht im Süden bis Italien und den Brenner – Großmann hat eine Lizenz für Österreich und den Grenzverkehr bis Italien – und im Norden ungefähr bis Frankfurt.
Auch Überführungsfahrten und Rangierdienste gehören zum Portfolio der Firma. In der Regel will er, wenn er in der Früh einen Güterzug fährt, am Abend wieder zurück in München sein. Idealerweise fährt er dann auch einen Güterzug zurück, notfalls aber fährt er auch einfach mit einem ICE nach Hause.
Der größte Traum: eine eigene Lok
Auf meisten nerven die vielen Baustellen. Neulich, erzählt Großmann, habe ein Güterzug von Aschaffenburg bis Freilassing 14 Stunden benötigt – Baustellen bremsten ihn aus, immer wieder wurden Personenzüge vorgelassen. Noch ist EGM GmbH ein Ein-Mann-Betrieb, Großmann hat aber den Ehrgeiz, zu wachsen und weitere Lokführer anzustellen.
Sein größer Traum freilich muss noch etwas warten: „Eine eigene Lok, das wär‘s.“ Doch eine neue Siemens Vectron kostet vier bis fünf Millionen Euro – im Moment noch ein, zwei Nummern zu groß für Großmanns Businessplan.DIRK WALTER