Unterm Kreuz: Der katholische Pfarrer wird im Münchner Gerichtssaal freigesprochen. © SIGI JANTZ
München – Im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung einer 18-Jährigen im Landkreis Dachau hat das Amtsgericht München einen katholischen Priester freigesprochen. „Es bestehen begründete Zweifel, was sich an jenem Tag im Pfarrhaus zugetragen hat“, sagte der Richter. Es gebe „kein klares Bild“. Widersprüche in der Aussage des mutmaßlichen Opfers hätten sich nicht aufklären lassen.
Von der mutmaßlichen Tat gebe es vier Versionen – und das Gericht sehe sich nicht in der Lage, festzustellen, welche die richtige sei. Irgendetwas müsse zwar vorgefallen sein, aber was genau, das habe das Gericht nicht klären können.
Der Angeklagte selbst hatte den Prozess über geschwiegen – und sprach dann überraschend doch in seinem letzten Wort. „Ich bin sehr, sehr, sehr enttäuscht als Mensch, nicht als Priester, als Mensch, der in Bayern lebt, der Bayern liebt, schätzt“, sagte er und sprach von Lügen, die sein Leben zerstören sollten. Er betonte: „Ich weiß eines, dass ich sexuell niemanden genötigt habe.“
Die Anwältin des Angeklagten stütze sich in ihrem Plädoyer ebenfalls auf die Widersprüche in den Aussagen der jungen Frau. Die Verteidigung forderte einen Freispruch nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.
Der Staatsanwalt reagierte darauf mit scharfen Worten und sprach von arglistiger Täuschung, einem „kläglichen Verteidigungsverhalten“ und rief den Anwälten zu: „Sie sollten sich schämen“. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und neun Monate Haft für den heute 68-Jährigen gefordert.
Die Anklage beschäftigte sich mit Vorwürfen zwischen August 2018 und März 2019, der genaue Zeitpunkt lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Demnach unterhielt der Angeklagte eine Affäre zu einer Frau aus dem Ort. Die Geliebte kam demnach mit ihrer 18-jährigen Tochter im Pfarrhaus vorbei, um seelsorglichen Beistand zu erhalten. Als die Mutter zwischendurch für einige Minuten den Raum verließ, soll der Geistliche laut Anklage über die junge Frau hergefallen sein. Die 18-Jährige hatte in einer Vernehmung ausgesagt, der Angeklagte habe ihr gedroht, dass er ihre Familie zerstören und ihr das Leben „zur Hölle“ machen werde, wenn sie etwas sage. Die junge Frau hatte auch angegeben, der Geistliche habe einen „Dreier in der Sakristei“ mit Mutter und Tochter vorgeschlagen.
Später informierte der Vater das Erzbischöfliche Ordinariat in München. Es folgte eine Untersuchung. Nach Ansicht der Kirche reichten die Belege jedoch nicht aus, um dem Pfarrer eine Vergewaltigung nachzuweisen.
Der Staatsanwaltschaft meldete die Kirche den Vorfall damals auf Wunsch der Familie nicht. So hatte es der Missbrauchsbeauftragte der Diözese im Zeugenstand ausgesagt. Erst nach einer späteren Zivilklage des Vaters gegen die Kirche begannen strafrechtliche Ermittlungen.
Bis zu seiner Festnahme verbrachte der Kirchenmann seine Rentenzeit in Kroatien. Den Titel „Pfarrer im Ruhestand“ darf er nach einer Entscheidung der Diözese nicht mehr führen – es ist die Strafe für die Affäre.DPA/TOS