Protest-Aktion eines Landrats

von Redaktion

Stefan Frey aus Starnberg ärgert sich über Krankenhaus-Sparpläne

Der Landrat im Klinikbett: Stefan Freys Instagram-Video ist über 46 000 Mal angeklickt worden.

Starnberg/Berlin – Es gibt ein Thema, das Stefan Frey seit Langem umtreibt. Neulich aber hat sich der Starnberger Landrat so sehr geärgert, dass er in einem Krankenhausbett gelandet ist. Absichtlich. Der 50-Jährige hatte sein Sakko gegen einen Patientenkittel getauscht, um ein Video für Instagram zu drehen. „Weil ich mich furchtbar ärgere“ – so beginnt er seine Ansprache. Der Grund dafür ist das milliardenschwere Sparprogramm für die Krankenhäuser, das Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vor Kurzem in Berlin angekündigt hat. Pro Jahr sollen 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Damit will sie verhindern, dass die Krankenversicherung erneut teurer wird. Die Sparpläne gehen aber zu Lasten der öffentlichen Gesundheitsversorgung, sagt Frey im Video und appelliert an die Bundesregierung, diesen Beschluss zurückzunehmen.

Was Frey in diesem Moment noch nicht ahnte: dass sein Video über 46 000 Mal angeklickt werden würde. „Ich habe hunderte Rückmeldungen bekommen.“ Das beweist ihm: Nicht nur ihn treibt das Thema um. „Es macht mich wirklich emotional“, sagt er ein paar Tage nach dem Post. Dialyse-Patienten, Menschen mit Herzinfarkt oder Schlaganfall, sie alle würden darunter leiden, wenn es wirklich zu dem Sparprogramm kommt. „Ich habe das Gefühl, dass die Politiker in Berlin die Sprengkraft nicht erkennen.“ Schon jetzt würden die meisten Kliniken mit Defiziten arbeiten, sagt er. „Im Kreis Starnberg müssen wir jedes Jahr 20 Millionen Euro aus der Kreiskasse zusteuern. Das Geld fehlt an anderer Stelle. Und natürlich geht es nicht ewig so weiter.“ Schon jetzt müsse Starnberg dafür Kredite aufnehmen. Es sei Aufgabe des Bundes, die Krankenhausfinanzierung sicherzustellen, betont Frey. Doch die Kommunen müssten auffangen, was der Bund verweigert. Frey fürchtet, dass über kurz oder lang immer mehr Krankenhäuser schließen werden. Viele Patienten müssten dann weite Wege auf sich nehmen.

Der 50-jährige Landrat ist nicht der einzige, der entsetzt war, als Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) bei der Sitzung des Bayerischen Landkreistags über das Sparprogramm informierte. Frey berichtet, dass er von Kommunalpolitikern viel positive Rückmeldung auf sein Video bekommen habe. Parteiübergreifend. Auch der frühere bayerische Gesundheitsminister und heutige Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Klaus Holetschek, habe ihm Unterstützung signalisiert.

Nicht nur in den Kommunen ist der Ärger um Nina Warkens Sparplan groß. Sie schicke die Krankenhäuser in den kalten Strukturwandel, kritisiert die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Die Politik treibe die Kostenspirale bei den Krankenhäusern immer weiter nach oben und verweigere dann, diese Kosten zu finanzieren, erklärt der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. „Am Ende werden die Patienten die Folgen zu tragen haben, wenn Krankenhäuser ihr Leistungsangebot einschränken oder Standorte schließen müssen.“

Auch der Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern (VPKA) stellt sich gegen die Sparpläne des Bundes. „Kurz nachdem ein einmaliger Inflationsausgleich von knapp vier Milliarden Euro für die Kostensteigerungen beschlossen wurde, um die wirtschaftlich angespannte Lage der Kliniken abzufedern, soll nun die Hälfe dieser Summe wieder entzogen werden – und zwar dauerhaft“, sagt VPKA-Geschäftsführer Michael Strobach. „Und das ist in einer Situation, in der rund 80 Prozent der Kliniken rote Zahlen schreiben und die Zahl der Insolvenzen einen Höchststand erreicht hat.“ Sollte die Bundesregierung an den Kürzungsplänen festhalten, müssten laut VPKA zwingend Entlastungen an anderer Stelle beschlossen werden. „Es müssen die kostenintensiven gesetzlichen Personalvorgaben abgeschafft werden“, fordert Strobach. Insbesondere die Pflegepersonaluntergrenzen, die die Pflegequalität nicht gesteigert hätten.

Stefan Frey hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass der Sparplan nicht durch die Abstimmung im Bundestag kommt. „Ich würde gerne mit Nina Warken darüber sprechen, was das für die Menschen vor Ort bedeutet“, sagt er. Der Landkreistag habe an alle Landräte Musterschreiben verschickt, mit denen sie sich an den Bund wenden können. Frey hofft, dass das viele seiner Kollegen tun werden. Er selbst will nicht ausschließen, dass er ein weiteres Instagram-Video zu dem Thema aufnimmt. KATRIN WOITSCH

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