Das Rätsel um die Stradivari-Morde

von Redaktion

Bluttat an Chiemgauer dient als Stoff für einen Roman – Prozess in Paraguay steht bevor

Der Wert einer Stradivari kann in die Millionen gehen – war das das Mordmotiv? © Burton/AFP

Yves S. steht unter Mordverdacht.

Jimmy G. ist ebenfalls angeklagt.

Die beiden Mordopfer: Bernard von Bredow und seine Tochter Loreena wurden vor vier Jahren in Paraguay erschossen. © Privat

Siegsdorf/Areguá – Vier Jahre ist nun her, dass ein Doppelmord in Südamerika auch im Chiemgau für tiefe Trauer sorgte. Denn die Opfer waren Siegsdorfer – Bernard von Bredow (62) und seine erst 14-jährige Tochter Loreena – die in ihrem Haus in Areguá, einer kleinen Stadt in Paraguay, erschossen wurden. Von Bredow hatte schon in jungen Jahren für Aufsehen gesorgt, noch als Schüler entdeckte er nahe seines Heimatorts das Skelett eines Mammuts. Diesen Fund hielt er jahrelang geheim. Heute ist es das Herzstück des Naturkunde- und Mammut-Museums Siegsdorf. Später war von Bredow als Paläontologe gefragt – zudem galt er als Experte für sündteure Streichinstrumente.

Hier lag wohl das Motiv für den Doppelmord: Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass zwei Männer, der Deutsche Yves S. und der einheimische Anwalt Jimmy G., für die Tat verantwortlich sind. Das Motiv: Sie wollten Stradivari-Geigen erbeuten. Nach vier langen Jahren in U-Haft wurden die beiden nun angeklagt und müssen sich laut Medien in Paraguay vor Gericht verantworten. Obwohl keine Stradivari-Geigen bei den Angeklagten gefunden wurden, stellten die Ermittler bei einer Durchsuchung der Wohnung von S. sieben Geigen sicher, darunter eine Granani-Violine aus dem Jahr 1792. Bei G. wurden weitere Instrumente beschlagnahmt.

Das war bereits im Sommer, und wie in dem Fall fast schon üblich, wie es die damals ermittelnde Staatsanwältin Lorena Ledesma einmal gesagt hat, gibt „es laufend Wendungen“. Mittlerweile hat der Fall sogar den argentinischen Schriftsteller Alejandro G. Roemmers zu einem Buch mit dem Titel „Das Geheimnis der letzten Stradivari“ inspiriert. Für die Vorstellung war er im Sommer nach Cremona in Italien gereist An den Ort, in dem Geigenbaumeister Antonio Stradivari im 17. und 18. Jahrhundert gewirkt hatte. „Es war während der Corona-Pandemie, als ich von dem Kriminalfall las“, erinnerte sich der Autor. Der Doppelmord machte ihn wegen des grausamen Vorgehens tief betroffen. Doch für ihn kaum zu glauben war das Motiv: „Von Bredow besaß offenbar eine unschätzbar wertvolle Sammlung von Stradivari-Geigen“, erinnerte er sich gegenüber der Zeitung El Mundo. Roemmers fragte sich: „Was hatte eine Stradivari-Sammlung an einem solchen Ort zu suchen? Wie war sie dorthin gelangt?“

So lauteten damals die Meldungen, und Roemmers fing mit dem Schreiben an, nannte von Bredow in seinem Historienroman Johann von Bulow mit einer Tochter im Teenager-Alter. Beide werden ermordet, der Ausgangspunkt der Geschichte. In dem Krimi zieht sich eine Geige wie ein roter Faden durch 300 Jahre Geschichte. Sie geht von Hand zu Hand, Persönlichkeiten treten auf wie Komponist Giuseppe Verdi, Casanova oder Mussolini. Schließlich fällt sie einem Nazi in die Hände, der nach Südamerika entkommt. Das Manuskript hatte er an Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa geschickt. Der Peruaner war von der Geschichte dermaßen bewegt, dass er einen Prolog verfasste. Vargas Llosa starb im April. Wann der Mordprozess gegen Yves S. und Jimmy G. beginnt, ist indes noch unklar.MARKUS CHRISTANDL

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