„Da rutscht jetzt nichts mehr“

von Redaktion

Die Bahn baut – zum Beispiel bei Fürstenfeldbruck, wo aufwendig ein Hang stabilisiert wird

Spezialfahrzeug im Anmarsch: Der Dumper ist ein Laster auf Ketten. Er transportiert Kies auf dem durchmatschten Waldweg.

Bauprojekt am Kloster Fürstenfeld (v.l.): Hendrik Preister von der DB mit Alexander Koser und Andreas Schreib von der Baufirma.

Klimmzüge mit dem Schreitbagger: Fahrer Hubert Schönberger beherrscht sein Gerät auch in Steillagen. © Carmen Voxbrunner (3)

Fürstenfeldbruck – Ein Lastwagen auf Ketten furcht sich mit Getöse über einen matschigen Weg. Dumper nennt sich der Laster, der eine Ladung Kieselsteine auf einem Weg nahe des Klosters Fürstenfeld einige hundert Meter bis zu einem weiteren Spezialfahrzeug karrt. Der sogenannte Schreitbagger steht in Schräglage am Hang oberhalb der Bahnlinie Pasing–Geltendorf und verteilt den Kies auf einem ein Meter breiten Bett. Tonnen von Kies. Sie sollen den Steilhang stabilisieren und gewährleisten, dass das Wasser abfließen kann.

Die Hangsanierung bei Fürstenfeldbruck verlangt der Bahn und den Baufirmen alles ab. Sie ist notwendig, weil die Bahnlinie eine der meistbefahrenen in Bayern ist. S-Bahnen, Regionalzüge ins Allgäu, der Eurocity in die Schweiz – alle paar Minuten schleicht ein Zug die Gleise entlang. Schleichfahrt trifft es ganz gut. Die Bahn hat eine Langsamfahrstelle eingerichtet – Züge dürfen nur 40 km/h fahren.

Das Problem zeigte sich nach dem Pfingsthochwasser 2024, erzählt Ingenieur Hendrik Preister, Team-Chef für Instandhaltung bei der Bahntochter DB InfraGo. Tief „Radar“ ergoss sich damals auch über dem Engelsberg. „Das hat den Hang stark aufgeweicht.“ Es bestand die Gefahr, dass Erdreich auf die Gleise gelangt und im Extremfall ein Zug entgleist. Daher fahren die Züge jetzt seit eineinhalb Jahren auf Sicht. Der Fahrplan kann oft nicht eingehalten werden.

Zunächst hatten sie bei der Bahn gedacht, das Gleisbett ließe sich mit ein paar Betonsteinen absichern. Doch unzählige Rinnsale und Quellen durchfeuchten den Hang. Es ist kein Einzelfall: Marode Steilhänge und Bahndämme setzen der Bahn vielerorts zu. Bei der ICE-Strecke Würzburg–Kitzingen hing nach „Radar“ ein Gleis sogar in der Luft, erzählt Preister. Er muss es wissen, denn er war vor Ort – sein Job war es, die Schäden zu beseitigen. Die Baustelle in Fürstenfeldbruck nun ist „Kitzingen im Kleinformat“, das Sanierungsverfahren ähnelt sich. Auch in Fürstenfeldbruck wurde der Hang mit Tonnen von Erdbeton, einem Gemisch von Erde und Zement, stabilisiert. 3000 Kubikmeter habe man reingepumpt, schätzt Andreas Schreib von der Chamer Baufirma Josef Redlinger, die die Bahn mit der Sanierung beauftragte. Dazu wurde extra ein Mischwerk aufgebaut. Vorher musste Preister Genehmigungen einholen, Ausschreibungen durchführen, Geld organisieren – zwei Millionen Euro kostet wohl die Sanierung.

Nach zwei Monaten nähern sich die Bauarbeiten nun aber dem Finale. 15 Bauarbeiter der Firma Redlinger haben Tag und Nacht geschuftet, auch sonntags. Ende nächster Woche werde man mit dem Gröbsten fertig sein, sagt Baufachmann Preister. Die matschige Baustraße, die einem beim Gehen fast die Stiefel von den Füßen zieht, soll von 4,50 auf 1,50 Meter verschmälert und wieder zu einem Spazierweg werden. Der Hang wird mit Jutematten belegt und Saatgut ausgestreut. Die Bahn wird, so der Plan, die Langsamfahrstelle am 20. November aufheben.

Allerdings droht neues Ungemach: eine Langsamfahrstelle, die sich in beiden Fahrtrichtungen über 4,3 Kilometer von Fürstenfeldbruck bis Puchheim ziehen wird. Grund diesmal: nicht matschige Hänge, sondern Schäden am Oberbau und an den Schwellen. Tempo 70 wird voraussichtlich angeordnet.

Hendrik Preister hat derweil die nächste Baustelle in Aussicht: Weilheim–Peißenberg, zwei Kilometer Hangbaustelle. Erdkörpersanierung, wie es in der Baufachsprache heißt. Für Fürstenfeldbruck verspricht er: „Da rutscht in den nächsten 20 Jahren nichts mehr.“DIRK WALTER

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