Bei der Buchpräsentation in München: Helmut Markwort, Wolfram Weimer, Simone Rethel-Heesters, Manfred Otzelberger und Theo Waigel (v.l.). © Michael Tinnefeld/API
München – Denselben Fehler wie Marlene Dietrich machen die Protagonisten des neuen Buches über die „Goldenen Jahre“ nicht: Während sich die berühmte Schauspielerin im Alter selbst isolierte, um als junger Filmstar in Erinnerung zu bleiben, feiert die Generation 80 plus das Leben.
So etwa Helmut Markwort, Journalist und Unternehmer. „Mein Lebensantrieb ist die Neugier“, verriet er am Sonntag beim Presseclub in München. „Jedes Mal, wenn ich im Ansatz eine Depression hatte, habe ich eine GmbH gegründet.“ Inzwischen seien es acht. Der 88-Jährige will noch bis 90 arbeiten, „dann nur noch halbtags“. Schließlich solle auf seinem Grabstein einmal stehen: „Langweilig war es nie.“
Schonungslos ehrlich lässt der „Bunte“-Reporter Manfred Otzelberger (66) jeden Interviewpartner in seinem Buch zu Wort kommen. Der Münchner wollte von Prominenten wissen, wie man zufrieden altert. Er geht auf Erotik, Einschränkungen und die Angst vor dem Tod ein. Vor allem vermittelt er Lebenswege und -einstellungen, die den Leser inspirieren.
Elke Heidenreich beispielsweise fühlt sich mit 82 Jahren glücklicher als mit 20. Damals sei sie orientierungslos gewesen, ohne Geld und musste jung ihren Freund heiraten, weil sie zusammenziehen wollten. „Alles über 60 ist ein Geschenk“, sagt sie heute. Das sei die Bonus-Phase des Lebens. So sieht es auch der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel, der nach dem Ausscheiden aus dem politischen Amt in die Kanzlei seines Sohnes eingestiegen ist. „Wer kann und will, sollte länger arbeiten“, findet der 86-Jährige. So leiste man einen Beitrag für Generationen. Und zwar unabhängig von finanziellen Vorteilen. „Ich zahle mehr Steuern, als ich Pension bekomme“, sagte er bei dem Podiumsgespräch in München. Über Bundeskulturminister Wolfram Weimer ließ er dem Bundeskanzler ausrichten: „Wir brauchen einen Ältestenrat.“ Da gäbe es eine Menge Potenzial.
Simone Rethel-Heesters (76) ist empört, wenn sie den Ausdruck „wohlverdienter Ruhestand“ hört. „Sich zur Ruhe setzen ist ungesund für Körper und Geist“, warnte die Witwe von Schauspieler Johannes Heesters, der mit über 90 noch auf der Bühne stand. „Wir hätten viel gesündere alte Menschen, wenn sie länger arbeiten dürften“, meinte die Künstlerin. Ihr Tipp: Man sollte sich schon mit 50 Jahren überlegen, was man einmal machen möchte, wenn man ins Rentenalter kommt. Der Minister pflichtete ihr bei: „Mann soll sich auf das besinnen, was man kann.“
Wichtig sei auch, verzeihen zu können, führt Marie-Luise Marjan (85) in ihrem Buchkapitel aus. Ihre Mutter hatte sie ins Waisenhaus gegeben und war dann nach Kanada ausgewandert. „Wer nicht verzeiht, verhärtet“, betont die Schauspielerin. Es komme darauf an, das Gute zu sehen – in ihrem Fall die liebevolle Adoptivfamilie, die sie aufnahm.
Helmut Markwort, der jede Woche medial die Weltlage kommentiert, schreibt der Kontaktpflege einen hohen Wert zu. „Nicht warten, bis jemand anruft“, mahnt er. „Den Hörer nehmen und selber anrufen!“ Dranbleiben sei das A und O. Ob an kleinen Dingen oder an dem großen Ganzen. Für Theo Waigel sind es oft Details, die sein Hirn fit halten. „Ich habe eine Marotte“, gestand er. Wenn ihm zum Beispiel ein Name nicht einfällt, dann recherchiert er so lange, bis er darauf kommt – in Tagebüchern, Archiven oder bei Leuten, die es wissen könnten. „Meine Kinder und meine Frau schütteln manchmal den Kopf über meine Akribie.“ Das stört ihn aber nicht. Sein Rat für betagte Mitmenschen: „Die Seele reinigen und aktiv bleiben.“ CORINNA KATTENBECK
Das Buch
„Goldene Jahre“ von Manfred Otzelberger ist im Herder Verlag erschienen. Es hat 288 Seiten und kostet 25 Euro.