Beste Freundinnen: Carolin Reiber, Alice und Ellen Kessler. © Schneider-Press
Grünwald – „Auf Wiedersehen, ihr Lieben! Wir sehen uns wieder auf Wolke 7!“ Es sind die letzten persönlichen Worte vonAlice und Ellen Kessler, die zu Tränen rühren, gerichtet an ihre besten Freundinnen: Zwei Tage vor ihrem Freitod schickten die Zwillinge ein persönliches Päckchen mit einem langen Abschiedsbrief an Carolin Reiber und Bibi Johns – handschriftlich unterzeichnet mit Alice und Ellen Kessler.
Darin erklären sie ganz klar und aufgeräumt, warum sie freiwillig diese Welt verlassen und nicht mehr leben wollen. „Wir sind dankbar, dass es die Sterbehilfe gibt. Uns ist dadurch sicherlich viel erspart geblieben“, schrieben sie. Damit meinten sie ein Leben, in dem sie nicht mehr die Kontrolle über ihren Körper und Geist gehabt hätten. Denn: Beide waren krank. „Das Herz machte ihnen Probleme“, so Reiber. „Und sie hatten schon länger keinen Geschmacks- und Geruchssinn mehr.“
Dazu kam ein Schlaganfall bei Ellen Kessler, wenige Tage vor der Roncalli-Premiere vor rund drei Wochen. „Sie waren gerade in Bad Wörishofen, da hatte Ellen einen Hirnstamminfarkt“, weiß Reiber. Doch sie wollte partout nicht im Krankenhaus bleiben, ließ sich nach Grünwald, nach Hause bringen. „Das letzte Jahr war nicht mehr in ihrem Sinne“, so Reiber, die unweit der Kessler-Zwillinge ihr Haus hat.
Noch länger befreundet, genau 67 Jahre, waren die berühmten Zwillinge mit Bibi Johns. 1958 haben sie sich bei Dreharbeiten zu dem Film „La Paloma“ kennengelernt. Letzte Woche gingen sie sogar noch zusammen essen. Bibi Johns erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung: „Sie haben nichts gesagt, aber ich habe geahnt, dass sie nicht mehr leben möchten.“ Auch sie habe am Samstag ein Päckchen mit Abschiedsbrief bekommen. Da war schon lange alles geregelt, Alice und Ellen hatten mit dem Verein Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben das Datum 17. November festgelegt. Ein Jurist und eine Ärztin begleiteten sie. „Wir sind zusammen auf die Welt gekommen und wir werden sie auch gemeinsam verlassen“, schrieben sie. Und beendeten ihren Brief mit: „Seid nicht traurig. Wir sehen uns wieder auf Wolke 7“.
Wird es eine Trauerfeier geben? Carolin Reiber sagt: „Wohl nicht, beide waren Atheisten. Das wäre nicht in ihrem Sinne gewesen.“MARIA ZSOLNAY/TERESA WINTER