Krise in der Porzellan-Region

von Redaktion

Fichtelgebirge: Nächster Standort schließt – Löwen-Boss als Sanierer

Lange Tradition: Die Porzellan-Herstellung bei BHS tabletop in Schönwald – hier im Jahr 2012 – steht vor dem Aus. © David Ebener/pa

Auch hier ist Schluss: Rosenthal gibt den Standort in Speichersdorf auf. © Kiefer/pa

Der Standort der BHS tabletop in Schönwald wird aufgegeben. © BHS

Schönwald – Seit 600 Jahren ist das Fichtelgebirge berühmt für die Glasherstellung – und seit 200 Jahren auch eine Hochburg für Porzellan. Doch zumindest in Schönwald droht nun bildlich gesprochen ein Scherbenhaufen: Der Hersteller BHS tabletop wird seine dortige Produktionsstätte schließen – seit 1879 wurde hier Geschirr hergestellt. Die Bestürzung in der Region ist groß. Peter Berek (CSU), Landrat des Kreises Wunsiedel, spricht von einem Schlag für die ganze Region. „Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, dass in Schönwald nach all der Tradition und Bedeutung von Porzellan ab 2028 kein Brennofen mehr beheizt werden soll.“

Sogar noch früher, genauer: ab Mitte 2027. Das sagt der Geschäftsführer von BHS tabletop, Gernot Mang. Der ist im „Nebenjob“ Präsident des TSV 1860 München. Über 50 Wochen die Stunde, so der Unternehmenschef, arbeite er für BHS, 25 bis 30 für die Löwen. Gestern haben die Gespräche mit dem Betriebsrat begonnen, um einen Sozialplan zu entwickeln. Heuer würde niemand mehr gekündigt, sagt Mang. Von den rund 350 Beschäftigten in Schönwald will er 110 ins Werk in Weiden übernehmen.

Mang bestätigt, dass er seit 1. September dafür geholt wurde, den Standort in Schönwald aufzulösen. „Es war geplant, dass ich das kommunizieren und umsetzen muss.“ Die Hightech-Maschinen – auf der Homepage von BHS steht nicht ohne Stolz, dass man seit 2018 die modernsten Schnellbrennöfen der Welt habe und außerdem seit 2023 eine Solaranlage auf dem Dach – sollen teils nach Weiden verlagert und teils verkauft werden. Wer in diesen Zeiten allerdings Porzellan-Schnellbrennöfen brauchen kann, weiß Mang selbst noch nicht.

BHS tabletop spricht von „massiv steigenden Standortkosten, komplexen Prozessen und stagnierenden Märkten“. Unter dem Dach des Unternehmens finden sich Marken wie Bauscher und Schönwald, die auf eine lange Geschichte in der Porzellanbranche zurückblicken. Bekannt ist BHS tabletop vor allem für Produkte für Gastronomie und Hotellerie.

Die Schönwalder Porzellanfabrik wurde vor 145 Jahren gegründet. Doch in den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Tiefschläge in der Region, wie 2009 die Insolvenz des bekannten Unternehmens Rosenthal aus Selb – das geriet vor einigen Monaten erneut in Turbulenzen und beschloss das Aus für den Produktionsstandort Speichersdorf.

Dass der Standort Schönwald nun aufgegeben wird, sei laut Landrat Berek „ein Tiefschlag für den Porzellanlandkreis Wunsiedel“. Es gingen auch wieder Arbeitsplätze in der ehemaligen Leitindustrie der Region verloren. „Damit natürlich Wirtschaftskraft, Wertschöpfung und all das, was damit verbunden ist.“ Die Folgen für die Beschäftigten selbst seien „hochdramatisch“. Iris Schopper von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie kritisiert: „Viele Menschen verlieren ihre berufliche Perspektive – trotz jahrzehntelanger Loyalität gegenüber dem Unternehmen.“M. BIEBER/K. ZEILMANN

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